• Wie geht es weiter im Stadion Hard? Momentan ist niemand in Sicht, der die Geschicke der LV Langenthal in Zukunft leiten wird. · Bild: Walter Ryser

07.01.2019
Langenthal

Schwieriger Generationenwechsel

Die Leichtathletikvereinigung Langenthal (LVL) ist sportlich äusserst erfolgreich und finanziell kerngesund. Trotzdem hat der Verein ein ernsthaftes Problem, das eine erfolgreiche Zukunft in Frage stellt: Der vor Jahren geplante und eingeleitete Generationenwechsel gestaltet sich äusserst schwierig. Auf die kommende Hauptversammlung hin haben gleich fünf Vorstandsmitglieder demissioniert. Grund: «Fehlender Reformwillen bei einigen langjährigen Vereinsmitgliedern», gibt der aktuelle Präsident Daniel Steiner-Brütsch gegenüber dem «Unter-Emmentaler» zu verstehen.

Die Leichtathletikvereinigung befindet sich seit einigen Jahren in einem tiefgreifenden Strukturwandel. Eingeleitet hat diesen Prozess vor ungefähr fünf Jahren der langjährige Präsident Hansruedi Wyss. Dabei wurden wichtige Weichenstellungen vorgenommen, so wurde der Verein beispielsweise im administrativen Bereich mit einer Teilzeitstelle professionalisiert. Als neuer Präsident wurde vor zwei Jahren der Langenthaler Stadtrat Daniel Steiner-Brütsch gewählt. Dieser setzte sich zum Ziel, den Verein in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiter zu entwickeln. Dabei konnte Steiner-Brütsch auf einer soliden Basis starten, wie er selbst bestätigt: «Der Verein ist finanziell kerngesund, hat sportlich Erfolg und geniesst als Organisator von Anlässen in der Schweizer Leichtathletikszene einen guten Ruf.» Eigentlich hat der Verein kein Problem – eigentlich. Denn der eingeleitete Reformprozess, verbunden mit einem Generationenwechsel, gestaltet sich schwierig, viel schwieriger als angenommen, «weil es Vereinsmitglieder gibt, die sich allen Neuerungen und Reformen entschieden entgegenstellen und nicht bereit sind, mit dem Verein gewisse Entwicklungen mitzumachen», bemerkt Daniel Steiner-Brütsch, der gar noch einen Schritt weiter geht und davon spricht, dass teilweise Entscheide der Vereinsversammlung und des Vorstandes torpediert und Vorstandsmitglieder systematisch diskreditiert werden.

Fünf Vorstandsmitglieder haben demissioniert
Das hat nun zu einem Eklat geführt, haben doch auf die nächste Hauptversammlung im Frühjahr 2019 hin gleich fünf aktuelle Vorstandsmitglieder ihre Demission eingereicht, darunter auch der aktuelle Präsident sowie Vizepräsident Hans Pfäffli. «Unter den aktuellen Voraussetzungen ist es enorm schwierig, den Verein weiter zu bringen und zu entwickeln», zeigt sich Steiner-Brütsch enttäuscht. Es sei eine bittere Erkenntnis für ihn, dass sich ein Verein, mit solch hervorragenden Voraussetzungen und Ressourcen wie sie die LVL habe, nicht weiterentwickeln wolle, fügt der Präsident hinzu.
Von einer absoluten Katastrophe spricht in diesem Zusammenhang Hansruedi Wyss, der während 22 Jahren dem Verein als Präsident vorstand und der nach wie vor im Hintergrund wichtige Helferdienste verrichtet. Diese Entwicklung treffe ihn persönlich, sagt er, «denn bei den Rücktritten handelt es sich grossmehrheitlich um Personen, die ich noch für den Vorstand rekrutiert habe». Wyss kennt die Problematik der LVL aus eigener Erfahrung. «Einige Exponenten des Vereins leisten ein überdimensionales Pensum, das sie aufgrund ihrer Lebenssituation auch erfüllen können. Hier jemanden zu finden, der diese Lücke füllen könnte, ist enorm schwierig.» Viele würden bereits nach wenigen Worten abwinken, erläutert Wyss, «weil sie erkennen, dass sie dieses Pensum gar nicht leisten können und auch nicht leisten wollen».

Besorgter Ex-Präsident
Der langjährige Präsident erwähnt aber auch, dass die Personalprobleme bei der LVL nicht neu seien und dass schon früher in diesem Bereich Konfliktpotenzial bestanden habe. Dass der nach seinem Rücktritt aufgegleiste Ablöseprozess in der Vereinsführung und in der Wettkampforganisation nun aber zu scheitern drohe, bereite ihm grosse Sorgen, sagt Hansruedi Wyss, und er wisse im Moment wirklich nicht, wie es mit der LV Langenthal weitergehen soll.
Obwohl bislang keine Namen genannt wurden, an denen sich scheinbar die «Geister» in der LVL scheiden, ist für alle Insider klar, dass es sich dabei in erster Linie um Marcel Hammel handelt, der zusammen mit seinen beiden Kindern Andrea und Marc über Jahrzehnte hinweg der LVL den Stempel aufgedrückt hat und der nach wie vor alle Fäden in diesem Verein in den Händen hält und zahlreiche Funktionen ausübt.
Der 76-jährige, ehemalige Journalist weiss, dass nicht alle im Verein mit ihm einverstanden sind. Er sagt aber: «Mit Daniel Steiner-Brütsch habe ich eigentlich kein Problem, ich habe ihn als angenehme und loyale Person kennengelernt, aber was die Vereinsführung anbelangt, teilen wir nicht die gleiche Auffassung, das lässt sich nicht leugnen.»

Klumpenrisiko Marcel Hammel
Er weist dabei auf den Vereinszweck hin und erwähnt, dass der Bereich Leistungssport das grösste und wichtigste Standbein der LVL bilde. «Dieser Bereich sollte noch vermehrt gefördert werden, und dabei sollte man jene Leute machen lassen, die auch etwas davon verstehen», bemerkt er dazu. Er wehrt sich aber entschieden gegen den Vorwurf, dass er sich an die LVL und seine Aufgaben klammere. «Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich bald 77 Jahre alt bin und sich deshalb eine Nachfolgeregelung aufdrängt. Ich mache sofort Platz, wenn es Leute gibt, die das übernehmen können, aber nicht für jemanden, bei dem man sofort erkennt, dass es mit dieser Person nicht funktionieren wird. Ich weiss, dass ich für den Verein ein Klumpenrisiko darstelle, weil alle Fäden bei mir zusammenlaufen.» Er würde gerne noch einen Nachfolger während eines Jahres einarbeiten, fügte Marcel Hammel hinzu. Die an der letzten Vereinsversammlung vom abtretenden Vorstandsmitglied Bruno Kunz erhobenen Anschuldigungen gegenüber der Familie Hammel hätten ihn aber sehr getroffen, erwähnt Marcel Hammel.
Dennoch sei es nicht seine Art, einfach davon zu laufen. Kann er auch nicht, denn die abtretenden Vorstandsmitglieder haben Marcel Hammel und dem restlichen Vorstand zu verstehen gegeben, dass sie für die Zusammensetzung des neuen Vorstandes nicht zur Verfügung stehen, weshalb nun auch diese Aufgabe in den Händen von Marcel Hammel liegt. Dieser zeigt sich diesbezüglich aber zuversichtlich und sagt: «Ich habe zwar einige Absagen erhalten, aber auch bereits Zusagen. Es finden laufend Gespräche statt, und ich bin zuversichtlich, dass ich bis zur Hauptversammlung im Frühjahr wieder einen kompletten Vorstand präsentieren kann.»

Von Walter Ryser