• Die für die beste Vertiefungsarbeit Nominierten der Lernenden mit einer dreijährigen Grundbildung. · Bilder: Liselotte Jost-Zürcher

  • Die Nominierten der Lernenden mit einer vierjährigen Grundbildung.

01.03.2019
Langenthal

Sensible Themen und mutige Interviews

In der Berufsfachschule Langenthal (bfsl) sind in diesem Jahr 154 Arbeiten von Lernenden aus der gewerblichen, industriellen und gesundheitlichen Grundbildung bewertet worden. 19 davon nahmen an der Preisverleihung des Lions Clubs Langenthal und der bfsl am Mittwochabend teil. Vier davon wurden speziell ausgezeichnet.

«Fazit: Ä sone Vertiefigsarbeit git eifach eeeextrem viu ds tüe.» Natascha Mathys, lernende Schreinerin bei Loosli Küchen AG in Wyssachen, brachte es mit diesem Satz auf den Punkt. Sie dürfte dabei die Erfahrung aller über 300 beteiligten Lernenden definiert haben. Die Vertiefungsarbeit im letzten Lehrjahr im Fach Allgemeinbildender Unterricht hat in der Regel nichts oder nur am Rande mit der eigentlichen Berufssparte zu tun. Sie wird jeweils im Zweierteam erstellt.
Hunderte Stunden intensiver Arbeit, Disziplin, Mut und Unerschrockenheit stehen hinter den 154 eingereichten Arbeiten. Einmal mehr zeigte sich: Die Lernenden gehen teils überaus sensible oder technisch anspruchsvolle Themen an, widmen sich diesen mit grösster Hingabe und haben dann noch die schwierige Aufgabe, das Zusammengetragene zusammenzustellen und zu präsentieren.
Die Präsentationen und Bewertungen fanden kurz vor Weihnachten statt. 19 Zweierteams, die sich für die Preisverleihungen des Lions Clubs Langenthal in Zusammenarbeit mit der bfsl qualifizieren konnten, legten sich also im Hinblick auf den Anlass nochmals ins Zeug, frischten ihre Präsentationen auf und scheuten erneut keinen Aufwand für ihre Dokumentationen.

Sich in die Themen hineingelebt
Wie eben Natascha Mathys und ihre «Mitstiftin» bei Loosli Küchen AG, Stefanie Jordi, die ihr Thema den Herausforderungen eines Bestatters widmeten. Unter anderem brachten sie nebst verschiedenen Utensilien rund um Bestattungen ihre selbsthergestellten Urnen mit und organisierten auch einen Sarg, in welchem das Publikum probeliegen konnte.
Es berührte und bewegte die Anwesenden, mit welcher Unerschrockenheit sich diese beiden jungen Erwachsenen einem Thema gewidmet haben, über das reifere Menschen oft lieber schweigen.
Vielfach haben sich die Lernenden in Situationen begeben oder sich hineingelebt, die in krassem Gegensatz zu ihrem jugendlichen Alter stehen. So auch die beiden Lernenden Fachfrauen Gesundheit, Laura Camiolo und Floriana Haziraj, die sich mit Demenz befassten. Es gelang ihnen hervorragend, nebst einem umfassenden Krankheitsbild darzustellen, wie an Demenz Erkrankte fühlen, empfinden, was sie bedrückt, ängstigt, erschrickt und was ihnen helfen kann.
Dass solche Arbeiten an der Preisverleihung nicht speziell ausgezeichnet wurden, zeigt wie hoch die Messlatte liegt. Allerdings ging keines der nominierten Teams leer aus: Alle Mitmachenden erhielten je 50 Franken und ein Zertifikat.
Der Lions Club Langenthal spendete zum elften Mal den Preis für die beste Vertiefungsarbeit, der mit je 500 Franken dotiert ist. «Es war schwierig, aus den Besten noch einmal etwas Bestes zu bestimmen», bestätigte Markus Lüscher, Präsident des Lions Clubs Langenthal. Doch um diese Aufgabe kam die Jury nicht herum.
In diesem Jahr konnten vier Teams ausgezeichnet werden, denn nebst der besten Vertiefungsarbeit jeweils eines Teams mit drei- und vierjähriger Ausbildung konnten auch zwei Spezialpreise vergeben werden.
Diese Spezialpreise erhielten Jens Meyer und Janic Minder, Baumaschinenmechaniker (azm Ausbildungszentrum Mittelland, Langenthal), für den Bau einer Spaltmaschine sowie die Polymechaniker Remo Gerber und Hanspeter Krähenbühl (Ferotech AG, Oberburg, beziehungsweise Zaugg AG, Eggiwil) für ihre fundierten Aufzeichnungen «Vom Stamm zum fertigen Produkt». Matthias Jost, Abteilungsleiter GGT (Gesundheit, Gewerbe, Technik), überreichte den angehenden Baumaschinenmechanikern den Spezialpreis von je 200 Franken.
Von den Lernenden mit dreijähriger Grundausbildung erhielten die Fachfrauen Gesundheit, Ruana Lüthi und Caroline Weber (SRO Langenthal), den Preis für die beste Vertiefungsarbeit mit ihrem Thema «Vom Gefängnis zurück in den Alltag». Verdient. Die beiden Frauen haben sich Selbstversuchen unterzogen, gingen auch zu einem ehemaligen Straftäter nach Hause, um ihn zu interviewen.
Den Preis für die Kategorie vierjährige Grundausbildung holten die Automatiker Dominik Sollberger und Tobias Widner (K.R. Pfiffner AG, Utzenstorf, bzw. Siemens Schweiz AG, Ostermundigen) mit ihren Recherchen «Mit ADHS in der Berufswelt bestehen». Hautnah haben sie in ihrer Arbeit präsentiert, welchen Schwierigkeiten die in der Regel sehr intelligenten, beruflich überaus kompetenten Berufsangehörigen mit ADHS in der Arbeitswelt ausgesetzt sind und wieviel es überhaupt schon braucht, bis sie es dorthin geschafft haben.
Die Tatsache, dass die beiden jungen Erwachsenen es «gerne auch anderen Leuten erzählen würden», bestätigte die Jury in ihrer Wahl für die diesjährige beste Vertiefungsarbeit. Sie würden diese Gelegenheit im Rahmen eines Vortrags bestimmt noch erhalten, sagte dazu Markus Lüscher. Die beiden Lernenden hatten unter anderem eine Broschüre für Arbeitgeber erstellt, wie diese Angestellten, die unter einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung leiden, helfen können.
Für die musialische Umrahmung sorgten die beiden versierten Musiker Jakob Kulke, Trompete, und Dejan Škundric, Handharmonika.

Von Liselotte Jost-Zürcher