• Alle zehn «Carmen»-Vorstellungen waren ausverkauft. · Bilder: Hans Mathys

  • Peter Siegrist hat sich als Nachfolger von Beat Wälchli zur Verfügung gestellt.

  • Zufriedenes Lächeln beim abtretenden Gartenoper-Präsidenten Beat Wälchli.

19.07.2022
Langenthal

Siegrist übernimmt Gartenoper von Wälchli

Aufatmen bei den Freunden der Gartenoper Lan­genthal. Nach den zehn ausverkauften Vorstellungen der Oper «Carmen» von Georges Bizet ist die Fortsetzung mit teils neuer Crew gesichert. Der Lan­genthaler Peter Siegrist wird dabei die Nachfolge von Beat Wälchli, Präsident des Vereins und Initiant, antreten.

Hans Mathys im Gespräch mit Beat Wälchli, dem abtretenden OK-Präsidenten des Vereins Gartenoper Langenthal.

Beat Wälchli, was hat Sie damals bewogen, die Gartenoper Langenthal zu initiieren und mit einem riesigen personellen und finanziellen Aufwand zu realisieren?
Beat Wälchli:
Als Pächter der Alten Mühle und Opernliebhaber fand ich den Rosengarten als idealen Standort für ein Opernprojekt. Dies war ein Traum von mir. Mit Rainer Walker und Diego Clavadetscher gründeten wir den Verein Gartenoper Langenthal mit dem Ziel, alle zwei Jahre eine Oper zu spielen.

Als Präsident dieses Vereins konnten Sie während der vergangenen zehn Jahre auf eine inzwischen grossartig eingespielte Crew zählen. Wie schwierig war es, die vielen Helferinnen und Helfer zu rekrutieren?
Die Zusammenstellung des Vorstandes geschah im engeren Bekanntenkreis und mit Leuten, die auch Begeisterung für das Opernprojekt bekundeten. Die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer haben wir am Anfang per Inserate gesucht – und im Laufe der Jahre kamen immer mehr hinzu. So entstand ein Helferteam von rund 80 Personen. Die meisten sind seit Jahren dabei. Ihnen allen gehört meine Anerkennung und ein herzliches Dankeschön!

Soeben ist mit «Carmen» die fünfte Gartenoper über die Bühne gegangen. Wie erfolgte jeweils die Auswahl?
«L’elisir d’amore», «L’italiana in Algeri», «Martha», «Der Wildschütz» und «Carmen» sind unsere fünf gespielten Opern seit dem Start im Jahr 2012. Ich habe jeweils zwei bis drei Opern vorgegeben. Dann haben wir diese angehört, wonach im Vorstand entschieden wurde. Ich habe alle diese Opern gerne, und Highlights gab es einige. Den Ticketansturm gegen Ende der diesjährigen «Carmen» haben wir aber in dieser Form noch nie erlebt. Alle zehn Vorstellungen waren ausverkauft. Gespielt wurde mit viel Wetterglück immer ohne Regen.

Beim «Wildschütz» und bei «Carmen» hat der Regisseur die Handlungen vom 19. Jahrhundert in die Gegenwart beziehungsweise in die Hippie-Zeit Ende 1960er-Jahre verlegt. Hatte Andrea Zogg freie Hand – und wie hat das Publikum reagiert?
Andrea Zogg und die anderen Regisseure verlangten jeweils eine gewisse Regiefreiheit, zumal sie ihr Konzept und ihre Ideen mitbringen. Die meisten Regisseure waren diskussionsfähig und – vor allem mit Andrea Zogg –  man konnte immer auf Augenhöhe diskutieren. Eine Inszenierung ist natürlich immer Geschmacksache. Auch wenn es diesbezüglich Kritiken gab, zeigt sich doch, dass die meisten Besucherinnen und Besucher offen sind für Neues. Kunst soll letztlich auch zu Diskussionen führen.

Rebekka Maeder ist jene Sopranistin, die bei allen fünf Gartenopern mit einer tragenden Rolle engagiert war. Besteht zwischen ihr und Ihnen ein speziell freundschaftliches Verhältnis?
Ja, denn mit Rebekka Maeder und ihrem Mann Wolf Latzel pflegen wir schon lange eine freundschaftliche Beziehung. Dass Rebekka in allen Opern bei uns eine Rolle bekam, zeugt von ihrer wunderbaren Stimme, ihrer Professionalität und Zuverlässigkeit. Die jeweiligen Sängerinnen und Sänger werden von mir und der künstlerischen Leitung je nach Oper und Rolle ausgesucht. Auch gibt es immer ein Vorsingen.

Auch Bruno Leuschner und Ewald Lucas sind feste Grössen. Welche Erfahrungen haben Sie mit ihnen gemacht?
Ja, mit Bruno Leuschner sind wir schon lange befreundet. Bereits Jahre vor der Gartenoper habe ich mit ihm viele klassische Abende organisiert. Bruno hat eine sehr grosse Erfahrung, was Opern anbelangt. Er hat für uns immer sehr viel getan, und er ist zudem äusserst zuverlässig. Ewald Lucas ist seit den Anfängen der Gartenoper unser Chorleiter. Bewundernswert, wie er den Chor für die Oper «Carmen» vorbereitet hat. «Carmen» ist für jeden Chor eine Herausforderung sondergleichen, denn es gilt zu bedenken, dass unser Chor aus lauter Laien besteht. Diese haben es super gemacht! Wir durften für den Chor dementsprechend viele Komplimente entgegennehmen.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit Andrea Zogg – welches sind seine Stärken?
Die Zusammenarbeit mit Andrea Zogg war immer auf Augenhöhe. Er versteht es immer, für gewisse Überraschungen zu sorgen. Er ist kein Regisseur für traditionelles Theater, denn er sucht immer eine eigene Selbstständigkeit. Das schätze ich an ihm – und er hat mit seiner Inszenierung von «Carmen» für einen weiteren Höhepunkt in Langen-thal gesorgt.

Die zehn «Carmen»-Vorstellungen sind vorbei – wie haben Sie diese erlebt?
Mit grosser Genugtuung. Wie könnte es auch anders sein, wenn man immer ausverkauft ist!

Wetterglück war schon dabei, dass keine der zehn Vorstellungen ins Stadttheater verlegt werden musste. Wie haben Sie dieses Zittern und Bangen erlebt?
Ja, der Wettergott hat es gut gemeint mit uns. Es gab zwei Vorstellungen, bei denen wir ein wenig gepokert haben, zumal wir uns jeweils bis um 16 Uhr entscheiden mussten. Das haben wir als Team getan. Alle Entscheide waren vertretbar, und wir hatten während der Vorstellungen keinen einzigen Regentropfen!

Waren Sie bei allen zehn Vorstellungen dabei?
Nein, aber immer auf Platz. Meine Frau Ursina hat jedoch alle Vorstellungen von A bis Z angeschaut und mir jeweils ihren Eindruck von den Vorstellungen mitgeteilt.

Wie war das Feedback des Publikums ganz generell?
Dieses war vorwiegend positiv. Wir durften sehr viele schöne Komplimente entgegennehmen. Viele auswärtige Besucherinnen und Besucher waren überrascht vom Gebotenen in Langen-thal. Die Nachfrage am Schluss für Tickets war enorm. Das lässt darauf schliessen, dass das Publikum für uns Reklame gemacht hat.

Der zeitliche und finanzielle Aufwand für ein solches Projekt ist enorm. Man spricht hier von 600 000 Franken Umsatz, wobei Sponsoren mit 400 000 Franken und Ticketverkäufe mit 200 000 Franken für eine ausgeglichene Rechnung sorgen sollen. Sind die 600 000 Franken in etwa korrekt?
Ja, unser Budget beträgt wirklich rund 600 000 Franken. Das Sponsoring ist ein wichtiger Faktor. Wir sind allen Sponsoren zu Dank verpflichtet für die langjährige Treue. Ohne diese wäre es nicht möglich, das Projekt zu stemmen und durchzuführen.

Welches waren für Sie die schönsten Momente der Gartenoper «Carmen»?
Ich bin immer noch am Herunterfahren vom «Carmen»-Fieber. Es gab auch dieses Jahr viele schöne Momente. Am meisten beeindruckt hat mich die Euphorie und die Zusammenarbeit mit meinem Vorstand, der in den vergangenen Monaten sehr viel gearbeitet hat. Unsere zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfer, die wie eine Familie funktionieren. Der Teamgeist im künstlerischen Bereich. Das tolle Ensemble an Solistinnen und Solisten. Der Chor und das Orchester. Das teils von weit her angereiste Publikum. Die zahlreichen schönen Begegnungen! Nicht zu vergessen sind die vielen entstandenen Freundschaften. Dies alles bleibt unvergesslich.

Nach dem Rückblick nun der Ausblick. Sie werden das Präsidium des Vereins Gartenoper Langenthal abgeben. Können Sie uns schon verraten, wer Ihre Nachfolge antreten wird?
Mein Nachfolger wird Peter Siegrist aus Langenthal sein. Er ist ehemaliger Inhaber der Siegrist Ingenieur- und Planungsbüro AG. Diese Firma hat er kürzlich in neue Hände übergeben. Seit 2018 ist er auch im Burgerrat Lan-genthal als Präsident tätig – und er ist ehemaliger Kommandant der Feuerwehr Langenthal. Ich bin überzeugt, in Peter Siegrist einen vertrauensvollen Nachfolger gewählt zu haben und bin ihm für die Übernahme dieses Mandates sehr dankbar. Eine Bedingung hat Peter Sigrist an mich gestellt – nämlich, dass ich ihn noch bis zur nächsten Oper begleite. Gerne habe ich ihm diesbezüglich zugesagt. Ich freue mich, ihn noch mit Rat und Tat zu unterstützen. Dies trifft übrigens auch auf die übrigen abtretenden Vorstandsmitglieder zu.

Dem Vernehmen nach wird es im Vorstand mehrere Mutationen geben. Ist dem so?
Ja, aber die jetzigen Abgänge können praktisch alle mit tollen Leuten ergänzt werden. Die genaue Zusammensetzung werden wir zu einem späteren Zeitpunkt kundtun.

Was – ausser dem Vorstand – wird bei der Gartenoper ebenfalls anders sein als bisher?
Wir prüfen momentan verschiedene Varianten betreffend Spielstätte. Bevor wir Details verraten können, sind jedoch noch einige Abklärungen nötig. Auch wissen wir nicht, was in Zukunft in der Mühle passieren wird. Diesbezüglich haben wir mit der Stadt bisher noch keine Gespräche geführt. Dies wird dann Aufgabe des neuen Vorstandes sein.

Käme allenfalls für die nächste Gartenoper wieder Andrea Zogg als Regisseur infrage?
Ob Andrea Zogg wieder der Regisseur sein wird, hängt auch von der Oper ab. Andererseits wird hier natürlich der neue Vorstand seine Vorstellungen einbringen. Gespräche haben noch keine stattgefunden.

Wenn Sie drei Wünsche bezüglich Gartenoper Langenthal frei hätten, welche wären das?
Dass die Gartenoper unter neuer Leitung auch künftig ihren Platz im Kulturleben von Langenthal haben wird. Dass der Name «Gartenoper-Familie» mit vielen tollen Leuten weiterhin bestehen bleibt. Vor allem wünsche ich allen viel Glück! Hiermit verabschiede ich mich als Präsident der Gartenoper mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich habe diese Aufgabe mit einem tollen Team gerne wahrgenommen und werde diese Zeit immer in bester Erinnerung behalten!