• Auch bei dieser Kiesgruben-Passage fährt der Leimiswiler Mathias Flückiger vor dem späteren Sieger Nino Schurter. · Bild: zvg

  • Der Leimiswiler Mountainbiker Mathias Flückiger (links) forderte den Bündner Ausnahmebiker Nino Schurter (Mitte) an der Schweizermeisterschaft in Gränichen sehr. Am Ende reichte es aber knapp nicht zur Goldmedaille. Hinter dem Churer, aber vor Lars Forster aus Neuhaus sicherte sich Flückiger Silber. · Bild: zvg

27.07.2020
Sport

Silber nach einem Duell auf Augenhöhe

Der Favorit setzte sich durch: Der Churer Ausnahmebiker Nino Schurter holte an der SM der Mountainbiker in Gränichen zum neunten Mal den Meistertitel. Der 31-jährige Leimiswiler Mathias Flückiger fuhr auf Augenhöhe mit dem Bündner und musste sich am Ende nur ganz knapp geschlagen geben. Dies gibt für die nächsten wichtigen Rennen Hoffnung.

Mountainbike-SM in Gränichen / Swiss Bike Cup 2020, 2. Rennen · «Ich hätte gerne gewonnen», gibt Mathias Flückiger unverblümt zu. «Physisch wäre dies möglich gewesen», ist sich der Leimiswiler sicher. Tatsächlich bewegen sich der Churer Ausnahmebiker Nino Schurter und der gebürtige Ochlenberger Flückiger derzeit sportlich auf Augenhöhe. «Was den kleinen Unterschied macht, ist die mentale Stärke», gibt Flückiger ohne Umschweife zu. «Ich arbeite stark daran, dass es bei mir auch im Kopf perfekt stimmt.»

«Math» mehrheitlich in Führung
Das sonntägliche SM-Rennen in Gränichen sollte zu einem erneuten Kräftemessen zwischen den beiden derzeit besten Schweizer Mountainbikern werden. Wie eine Woche zuvor beim Swiss Bike Cup in Leukerbad kam es zum Duell. «Math» zeigte auf den sieben Runden à 3,8 Kilometer (300 m führten durch eine Kiesgrube) eine tadellose Performance. Nach einem verhaltenen Start – Flückiger kehrte erst als Siebter von der Startrunde zurück – glänzte der am 27. September 1988 geborene Radprofi. Am Ende der dritten Runde passierte er die Start- und Ziellinie als Leader. Und dies war auch nach den Runden vier, fünf und sechs genauso. Auf den letzten zwölf Fahrminuten musste die Entscheidung fallen.

Entscheidung an unerwarteter Stelle
«Mir war völlig klar, dass ich eineinhalb Kilometer vor Schluss vorne sein musste, wenn ich das angestrebte Gold gewinnen will», erklärt Flückiger. «Und zwar, weil danach das Überholen praktisch nicht mehr möglich war.» Der regionale Topbiker nahm die letzte Steigung zügig, aber nicht mit vollem Speed in Angriff, um auch auf den letzten Metern aus der Pole Position heraus genug Körner zu haben. «Kaum war die Steigung zu Ende, folgte eine bloss etwa 20 Meter lange Fläche. Und exakt dort schnappte mich Nino. Ich war perplex, weil ich an dieser Stelle nicht mit einem Angriff rechnete.» Die letzten Meter waren für Mathias Flückiger äusserst hart. Er wusste genau, dass er Schurter nun nicht mehr überholen kann. «Wieder fehlte nur ganz wenig zum Sieg. Einerseits fuxt es mich enorm, das angestrebte Gold verpasst zu haben. Anderseits war es das zweite Rennen innerhalb einer Woche, in welcher ich mit Nino auf Augenhöhe fuhr. Dies gibt mir für die nächsten Rennen eine gehörige Portion Selbstvertrauen.» So gesehen glänzte Flückigers Silber auch ein bisschen goldig. In den vergangenen Jahren war es gewöhnlich so, dass Schurter unantastbar siegte.

Keine einfache Zeit
Der Vize-Schweizermeister 2020 lebt für den Mountainbikesport. Umso wichtiger ist es für ihn, dass es auch mental passt. «Ich blicke wirklich auf eine bewegte Zeit zurück. Die Trennung von meiner langjährigen Partnerin hat mich sehr beschäftigt und sich auf meine sportliche Aktivität ausgewirkt. Die schwierige Coronavirus-Zeit ohne jegliche Rennen hat dann noch das Ihre dazu beigetragen», blickt Flückiger auf nicht einfache Momente zurück. Nun sieht alles wieder besser aus. Es steht am 23. August in Gstaad noch ein weiteres Swiss Bike Cup-Rennen bevor. Ausserdem sind Weltcuprennen geplant. Auch die Europa- und Weltmeisterschaften sind im Herbst trotz Corona denkbar. So hat «Math» klare Ziele, auf welche er sich fokussieren und hintrainieren kann. Und das Wissen, gleich schnell wie der beste Mountainbiker der Welt zu sein, wird ihn dabei noch einmal mehr beflügeln. Immer auch mit dem ganz grossen Ziel – Olympia 2021 in Tokio – im Hinterkopf.

Lukas Flückiger nahe am Podest
Hinter dem Duell der Giganten sicherte sich beim SM-Rennen in Gränichen der Routinier Lars Forster aus Neuhaus die Bronzemedaille. Lukas Flückiger, der ältere Bruder des Silbergewinners «Math» Flückiger, konnte nach seinem Silbergewinn am Engadin Bike Giro auch am nationalen Titelrennen überzeugen. «Luk» hielt ganz vorne mit und belegte am Ende den starken 4. Rang. Dem 36-jährigen Wyniger fehlten am Ende 40 Sekunden für Edelmetall. Der auf längere Strecken spezialisierte Gettnauer Jeremias Marti gehörte im 36-köpfigen Elitefeld zu jenen 22 Fahrern, welche die gesamten sieben Runden fahren durften.
Auszug aus der Rangliste: Elite Männer (36 Klassierte): 1. Nino Schurter, Chur, 1:24:28,9; 2. Mathias Flückiger, Leimiswil, 1:24:35,5; 3. Lars Forster, Neuhaus, 1:24:39,4; 4. Lukas Flückiger, Wynigen, 1:25:19,5; 5. Filippo Colombo, Bironico, 1:25:51,3; 22. Jeremias Marti, Gettnau, 1:34:57,1.

Von Stefan Leuenberger