21.06.2019
Huttwil

Sorgenfalten wegen Sparmassnahmen

Finanziell und strukturell steht der Spitexverein Oberes Langetental gesund da. Doch das Kantonale Sparpaket bekommen die 92 Spitex-Angestellten in ihrer täglichen Arbeit hautnah zu spüren. «Die Zitrone ist ausgepresst», zeigt sich Geschäftsführerin Franziska Ryser besorgt: «Die Leidtragenden sind die Patienten.»

«Wir müssen kein schlechtes Gewissen haben gegenüber dem Kanton.» Brigitte Jordi, Präsidentin des Vereins Spitex Oberes Langetental, schaffte bewusst Transparenz an der Mitgliederversammlung vor 25 Stimmberechtigten.
Exakt 16 737 Franken: So hoch war die Entschädigung für den sechsköpfigen Verwaltungsrat inklusive Sekretärin im vergangenen Jahr. Damit spielte sie auf die Spitex Bern an, die unlängst mit Entschädigungen von rund einer Viertelmillion für Schlagzeilen gesorgt hatte. «Dadurch sind die Spitexorganisationen beim Kanton und auch bei der Bevölkerung in ein schiefes Licht geraten.»

Schwarze Zahlen
Die Huttwiler Transparenz wurde auch in der Offenlegung der Vereins und Betriebsrechnung weitergetragen. Und die finanzielle Situation präsentiert sich positiv mit schwarzen Zahlen, auch wenn das letzte Mitgliederwerbemailing aus «versandtechnischen Gründen» in die Hose ging und weniger als die Hälfte des Betrages aus dem Vorjahr erbrachte. Der Verein schloss mit einem Plus von knapp 58 800 Franken. Aber auch die Betriebsrechnung der Spitex AG, deren Aktien zu 100 Prozent dem Verein gehören, erzielte einen Ertrag von 76 800 Franken.
Dies bei einem Umsatz von rund 3,5 Millionen Franken. Knapp über 3 Millionen Franken betrugen dabei die Personalkosten für die 92 Angestellten, die sich 45 Vollzeitstellen teilen. 2,24 Millionen Franken der Mittel wurden selber erwirtschaftet, 1,25 Millionen Franken stammen vom Kanton.

Im Jubiläumsjahr finanziell gesund
Auch das Vereinsbudget 2019 rechnet mit einem Plus. Somit kann der Verein sein Jubiläumsjahr auf finanziell positivem Hintergrund in Angriff nehmen: 10 Jahre Verein Spitex Oberes Langetental. Und das wird im Sommer mit einem kleinen Fest für Angestellte und die Bevölkerung auch gefeiert. Anlass dazu besteht genug. «Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut», erklärte Vereinspräsidentin Brigitte Jordi.
Dennoch schaute Geschäftsführerin Franziska Ryser angesichts der Sparmassnahmen des Kantons mit Sorgenfalten in die Zukunft. Mit dem neuen Leistungsvertrag 2019 werde die Spitex Oberes Langetental rund 80 000 Franken weniger erhalten für das Einzugsgebiet mit 11 500 Bewohnern. Zudem dürfte das jetzige Pauschal-System mit einem Pro-Kopf-Beitrag auf eine leistungs- und stundenabhängige Entschädigung umgestellt werden. «Je mehr wir leisten, desto besser geht es uns», so Franziska Ryser.
Sämtliches Verbands- und Pflegematerial werde nicht mehr separat abgegolten. Und mit der Einführung der Patientenbeteiligung (PaBe) ab April 2018 müssen Klienten ab 65 Jahren für ambulante Pflegeleistungen bis zu 16.95 Franken pro Tag bezahlen. «Dies führte fast flächendeckend bei Spitexorganisationen zu einem Leistungseinbruch von bis zu 40 Prozent», erklärte Franziska Ryser. «Wir von der Spitex Oberes Langetental haben allerdings von solchen Einbussen bis jetzt kaum etwas gemerkt.» Dennoch frage sie sich, «wo all diese Leute geblieben sind. Das wissen wir nicht. Es ist aber eine Auswirkung, die man so nicht erwartet hat.» Durch die Patientenbeteiligung flossen 21 Millionen Franken an den Kanton Bern zurück. «Leidtragende sind einmal mehr die Patienten und die Gemeinden mit ihren Ergänzungsleistungen.» Eine weitere Entsolidarisierung im Gesundheitsweisen? «Die Gefahr besteht», befürchtet Franziska Ryser.

Synergien nutzen
«Wir müssen uns immer neuen, auch fachlichen Herausforderungen stellen», blickte Franziska Ryser weiter in die Zukunft. «Wir übernehmen bereits jetzt Aufgaben, die wir uns vor zehn Jahren kaum hatten vorstellen können.» So etwa das Tagesbetreuungsangebot und das Wohnen im Alter mit Dienstleistungen. Aber auch Spezialleistungen wie Demenzbetreuung, die psychiatrische, onkologische oder palliative Pflege.
Vermehrt betreue man auch junge Patienten. Zudem wünschen die Klienten immer häufiger, wo und wann sie betreut werden wollen. «Ein 24-Stundenbetrieb ist wohl nicht mehr weit.» In diesem Zusammenhang forderte Franziska Ryser eine verbesserte Vernetzung und eine gemeinsame Koordination der Angebote durch die verschiedenen Anbieter. «Spitäler, Heime und wir von der Spitex müssen näher zusammenrücken.» Dadurch könnten Synergien genutzt, Kosten gespart und dem Personalmangel im Gesundheitswesen begegnet werden. «Wir müssen da weiter denken.»

Von Thomas Peter