• Enge Katzenfreundschaft. Damit sie funktioniert, müssen im Mehrkatzenhaushalt die wichtigsten Grundregeln eingehalten werden. Bild: pixelio

05.07.2019
Huttwil

Spannendes Zusammenleben auf Samtpfoten

Katzen sind sehr intelligent, spannend, anhänglich, manchmal ängstlich, manchmal selbstbewusst und ihren Artgenossen gegenüber sogar «fies», sie sind introvertiert oder extrovertiert – sie sind wie sie eben sind, und das gilt es zu respektieren. In einem spannenden Vortrag zeigte die Huttwiler Tierärztin Yvonne Schulthess die Grundregeln auf, damit ein Mehrkatzen-

haushalt funktionieren kann.

«Ein Mehrkatzenhaushalt kann toll sein, aber er ist anspruchsvoll», brachte Yvonne Schulthess es auf den Punkt. «Wichtig ist, das Verhalten von Katzen zu kennen, zu beobachten, zu respektieren.» Denn Katzen sind überaus sensibel, reagieren extrem stark auf Veränderungen in ihrer Umgebung und in ihrer Gruppe. 

Sie sind von Natur aus sozialisiert und anpassungsfähig ihren Artgenossen oder Menschen gegenüber, haben aber Mühe, sich zu integrieren wenn sie in den ersten Lebenswochen nicht sozialisiert wurden. Männliche Tiere spielen anders, verhalten sich anders als weibliche. Deshalb gilt im Mehrkatzenhaushalt: Die Voraussetzungen, dass in der Gruppe Friede oder sogar Freundschaft herrscht, sind besser, wenn gleichgeschlechtliche Tiere zusammenleben können. 

Katzen müssen trauern können

Was aber, wenn ein Tier aus einer kleinen, harmonischen Gruppe heraus stirbt? «Lassen Sie dem Zurückgebliebenen Zeit. Katzen trauern wie wir Menschen. Nach etwa drei Wochen sehen Sie, wie Ihre Katze reagiert. Möglicherweise lebt sie auf, weil die Verstorbene selbstbewusster war und sie eingeschüchtert hat.» Meistens würde sich die Situation ergeben. Bei einem allfälligen Zuzug sei es einfacher, mit zwei gleichgeschlechtlichen Jungtieren «aufzustocken» anstatt mit einem Einzeltier, welches möglicherweise nicht dieselbe «Wellenlänge» habe wie die bisherige Katze. Bleibe eine alte – 13-jährige und ältere – Katze zurück, «müssen Sie sich überlegen, für wen Sie zwei junge Kätzchen anschaffen möchten – sich selbst oder ihrer alten Katze zuliebe.» In vielen Fällen würde sich die alte nach ihrer Trauerzeit und im gewohnten Alltag wieder recht wohlfühlen. Zuzug könnte für sie dagegen Stress bedeuten.

Stress und Angst können bei Katzen körperliche Leiden, aber auch ungewohntes Verhalten wie Aggressionen, Markieren, Erbrechen, Hautprobleme und anderes hervorrufen.

Zusammenbringen – gewusst wie

Yvonne Schulthess gab wertvolle, aber ebenso humorvolle Tipps, wie das Zusammenbringen von bisherigen und neuen Katzen gelingen kann. Etwa der «Geruchsaustausch»: Decken tauschen, damit sich die Katzen an den anderen Geruch gewöhnen. 

«Katzengeruch» kann auch synthetisch hergestellt werden. Entsprechend gibt es in der Katzenmedizin «Gewöhnungshilfen». 

Das neue oder die neuen Büsi sind in ein Zimmer einzuschliessen, bis sie ihre neue Umgebung genügend beschnuppert, mit ihren Geruchshormonen eingenommen haben und sich entspannt fühlen. Dann ist es Zeit, die bisherige Katze in dieses Zimmer einzuschliessen und die «Neuen» die Wohnung «erobern» zu lassen. 

«Lassen Sie den Tieren Zeit. Es läuft viel, auch wenn wir meinen, es tue sich nichts.» Wichtig sei, nicht einzugreifen ausser wenn wirklich sehr gefährliche Aggressionen herrschen würden. «Die Katzen müssen die Distanzierung selbst überwinden.» 

Nach rund zwei Monaten könne sich in der Regel eine Freundschaft aufbauen, das heisst, eine Bezugsfreundschaft oder einfach «nur» eine Zweckfreundschaft für ein friedliches Zusammenleben. Allerdings: Manchmal funktioniert es nicht, ohne mit verängstigten, auffälligen oder extrem selbstbewussten Tieren, die die Gruppe destabilisieren, eine Therapie durchzuführen oder in der Gruppenzusammensetzung eine Veränderung vorzunehmen.

Ein genügend grosses, offenes Katzenklo und getrennte Futterstellen tragen ebenfalls viel dazu bei, dass Katzen unbehelligt ihren Gewohnheiten nachgehen dürfen und nicht von selbstbewussteren Artgenossen gestört werden. Um Stress bei der Fahrt zum Tierarzt zu vermeiden, kann die genügend grosse Transportkiste in der Wohnung gemütlich weich und als Katzenhaus eingerichtet werden, damit sie dem Tier vertraut ist und es sich gerne darin aufhält. 

In Problemfällen geht Yvonne Schult-hess zuweilen persönlich in den «Katzenhaushalt», macht sich vor Ort ein Bild. Mit oft wenigen Veränderungen, bei besonders problematischen Tieren zuweilen auch mit Hilfe von Medikamenten, habe in vielen Situationen eine deutliche Verbesserung hergeführt werden können. Oft helfe auch, wenn Situationen gefilmt würden. «Die Filme sagen mir meistens schon viel aus.» Mit grossem Interesse und viel Schmunzeln folgte das Publikum im «ummöblierten» Behandlungszimmer der Tierarztpraxis ihren Ausführungen. Sie wies zum Schluss auf die Websites www.ethovet.at und www.stvv.ch hin, auf welchen weitere Informationen zum Zusammenleben mit Katzen zu finden sind.

Von Liselotte Jost-Zürcher