• Um Konflikte bei künftigen Budgetberatungen zu vermeiden sowie um dem Stadttheater mehr Planungssicherheit zu geben, soll dieses aus der Langenthaler Stadtverwaltung ausgegliedert werden. Bürgerliche Politiker haben einen entsprechenden Vorstoss eingereicht.

25.07.2023
Langenthal

Theaterbetrieb soll ausgegliedert werden

Das Stadttheater als fester Bestandteil der Stadtverwaltung: Daran gab es in der Vergangenheit nichts zu rütteln. Ein bürgerlicher Vorstoss fordert nun jedoch die Ausgliederung des Theaters aus dem Langenthaler Verwaltungsapparat. Dies, weil es aufgrund der jetzigen Konstellation offenbar zu Konflikten kommt.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Langenthal über ein solches Vorhaben diskutiert wird: Bereits vor mehr als zehn Jahren – im Vorfeld der Gesamtsanierung des Stadttheaters – befasste sich die hiesige Politik mit einer Ausgliederung desselbigen aus der Langenthaler Stadtverwaltung. In seiner Sitzung vom 20. Februar 2012 lehnte der Stadtrat allerdings den Antrag des Gemeinderats auf Ausgliederung des Stadttheaters in eine Aktiengesellschaft mit 16 zu 19 Stimmen bei einer Enthaltung ab.
Seither ist viel Zeit vergangen. Jahre, in denen sich mehrfach gezeigt habe – auch gerade in jüngster Zeit –, dass die Rolle des Stadttheaters als Regiebetrieb der Stadtverwaltung Konfliktpotential berge, heisst es im Motionstext, der von Stadtrat Pascal Dietrich (parteilos) verfasst wurde. Im Vorstoss, der an der letzten Stadtratssitzung im Juni eingereicht wurde, ist von einer «unbefriedigenden Situation» die Rede. Mitunterzeichnende der Motion sind Dietrichs Kolleginnen und Kollegen der FDP/jll-Fraktion sowie Patrick Freudiger (SVP).

Die Budgetkürzung wurde nachträglich abgeändert
Die «unbefriedigende Situation» stützt sich unter anderem auf einen Vorfall ab, der sich im Rahmen der letzten Budgetdebatte ereignet hat. Eine Mehrheit im Parlament hatte beim Stadttheater Einsparungen von gesamthaft 70 000 Franken beschlossen. Diese Budgetkürzung wurde vom Gemeinderat im Nachhinein jedoch nur teilweise akzeptiert. Die Begründung: Bestehende Leistungsverträge bei der Kultur würden die Kürzung um 70 000 Franken verunmöglichen. Beharre man darauf, gerate man möglicherweise in eine rechtliche Unsicherheit. Gekürzt wurde das Stadttheater-Budget schliesslich um lediglich 30 000 Franken.
Eine Tatsache, die Pascal Dietrich sauer aufstösst. Er ist der Meinung, dass durch Vorfälle wie diesen die Budgetkompetenz des Parlaments beschnitten wird. Denn: «Die Aufwände des Stadttheaters sind Teil des städtischen Budgets und damit grundsätzlich der Budgethoheit des Stadtrates unterstellt», so Dietrich. Den blossen Verweis des Gemeinderats auf die abgeschlossenen Leistungsverträge lässt er nicht gelten. «Wenn der Gemeinderat eine vom Stadtrat beschlossene Budgetkürzung mit Verweis auf bestehende Verträge abändern will, dann muss er diese Verträge dem Stadtrat zuerst vorlegen. Das ist aber leider nicht passiert», argumentiert Dietrich. Eine Vorlage der Leistungsverträge wäre seiner Ansicht nach zwingend notwendig gewesen, um dem Stadtrat die nötige Kenntnisgrundlage zu geben. Man könne nicht einfach davon ausgehen, dass sämtliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Inhalte der Verträge im Detail kennen würden.

Planungssicherheit für das Stadttheater
Dass die Budgethoheit des Stadtrats ohne eine von ihm selber genehmigte Grundlage beschnitten werde, sei unschön. Unbefriedigend sei die Situation aber auch für das Stadttheater selbst, heisst es im Vorstoss. In Bezug auf seine Finanzen sei das Stadttheater bei der Saisonplanung auf eine «mindestens mittelfristige Planungssicherheit» angewiesen. Davon könne jedoch angesichts des aktuellen Negativbeispiels mit der rückgängig gemachten Budgetkürzung keine Rede sein, findet Dietrich.
Die Lösung des Problems liegt nach Ansicht der Motionärinnen und Motionäre in der Ausgliederung des Stadttheaters aus der Langenthaler Stadtverwaltung. Als Rechtsform für das ausgegliederte Konstrukt solle die selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt gewählt werden. Der Vorteil hierbei: Dem Betrieb können per Reglement Leitplanken gesetzt werden. Im Vorstoss heisst es diesbezüglich: «Als Grundlage für das künftige Gemeindeunternehmen wird der Stadtrat ein Reglement erlassen. Darin werden die Grundzüge der Organisation, Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sowie die betriebswirtschaftlichen Führungs- und Finanzierungsgrundsätze festgelegt.» Nicht mehr in Frage kommt, gemäss den Unterzeichnenden des Vorstosses, die Rechtsform der Aktiengesellschaft. Diese sei als Rechtsform zwar ebenfalls möglich, aber vermutlich weiterhin nicht mehrheitsfähig. Pascal Dietrich: «Die Rechtsform der AG ist meines Erachtens vor allem für gewinnorientierte Unternehmen gedacht – eine Kulturinstitution wie das Stadttheater verfolgt jedoch nicht das Ziel, Gewinne zu erwirtschaften, jedenfalls nicht primär.»

Stadt hat bereits Erfahrung
Für die Stadt wäre es keine neue Situation, nebenbei eine Institution mit öffentlich-rechtlichem Charakter zu haben. Auch die Industriellen Betriebe Langenthal waren zunächst ein öffentlich-rechtliches Unternehmen der Stadt Langenthal, bevor sie in eine Aktiengesellschaft überführt wurden.
Bis im September hat der Gemeinderat nun Zeit, zum eingereichten Vorstoss Stellung zu nehmen. Dann wird entschieden, ob die Motion erheblich erklärt wird oder nicht.

Von Patrick Jordi