• Die Sattlerei Blaser steht mitten im Dorf Wasen.

  • Der Sattler Hansruedi Blaser inmitten seinem Kummetangebot aus eigener Produktion. · Bilder: Rolf Bleisch

  • Joana Alabor aus dem St. Galler Rheintal macht die Ausbildung zur Sattlerin.

  • Nach bewährter Tradition wird für den Bau von Kummetlaiben Stroh und Pferdeschweifhaar eingesetzt.

14.06.2021
Emmental

Traditionsreiche Pferdekummet aus Wasen

Alles, was es speziell fürs Fahren mit Pferden braucht, kann in der Sattlerei von Hansruedi Blaser in Wasen gefunden werden. Seine Angebote stehen für Menschen mit und ohne Pferde im Handwerksladen zum Kaufe bereit. Blasers Spezialität ist und bleibt die Herstellung von Kummets in unterschiedlichen Ausführungen und Grössen.

 

Altes Handwerk · Die Produktion von Kummets und Geschirren darf zu den ältesten Sattlerarbeiten gezählt werden, denn die ersten Hinweise von Kummetgeschirren stammen aus der Zeit von 500 Jahren vor Christus aus China. Allerdings vergingen rund 1500 Jahre bis zum Einsatz der Kummetgeschirre in Europa. Dies stand damals in der Verdrängung des Rindes durch das Aufkommen des Pferdes als Zugtier. Zudem ist es interessant zu wissen, dass der Name des Kummets auf den polnischen Begriff «Chomot» zurückgeht. Diese geschichtsträchtige Entwicklung der Kummetgeschirre prägt auch heute noch die Arbeit des Sattlers, die Blaser über die Führung durch seinen Betrieb dem Besucher vorstellt

Beruflicher Weg zum Sattler
Der 57-jährige Hansruedi wuchs in einer Bauernfamilie auf dem Friesenberg auf. Sein Vater Ernst war auf diesem Betrieb als Karrer im Einsatz. Aber schon der Vater von Ernst diente auf diesem rund 25 ha grossen Betrieb als Melker. Hansruedi erlebte die Friesenbergzeit mit vier Brüdern. Der Wechsel vom Pferdezug auf die Motorisierung fand auch auf dem Friesenberg statt. In den Vorkriegsjahren arbeitete man noch mit fünf bis sechs Pferden der Freibergerrasse. Eine Foto aus dieser Zeit zeigt noch den damaligen Freibergertyp, der für alle Zugarbeiten im Einsatz stand. Es waren keine ausgesprochenen Kaltbluttypen.
Augenfällig waren im Gegensatz zu heute die etwas gröberen Gliedmassen und vor allem der lange Kopf der Pferde. In der Schulzeit von Hansruedi kam erstmals ein Fiat-Traktor auf den Betrieb, so dass nur noch zwei Pferde im Einsatz standen. Hansruedi war schon damals begeistert von den Pferden und den Kummetgeschirren, die im Einsatz standen. So lernte Hansruedi das Verhalten und die Einschirrungen der Pferde von Grund auf kennen. Entscheidend für seine spätere Berufswahl war ein Unfall mit den Pferden, an dem die ganzen Beschirrungen zerstört wurden. Seine Idee war, einmal Sattler zu werden, um die Geschirre wieder selbst fahrtauglich machen zu können.

Drei Linien zum heutigen Bild
Das Sattlerhandwerk, die ständige Erweiterung des Wissens ums Pferd und der Aufbau der eigenen Sattlerwerkstatt prägten die verflossenen 40 Jahre von Hansruedi. Das begann mit der Ausbildung zum Sattler-Tapezierer in der Sattlerei H. Sägesser in Huttwil. Es folgten die beruflichen Wanderjahre bis zur Gründung der Sattlerei in Wasen. Die Weiterausbildung führte zum Prüfungsexperten Sattlerei und zum Lehrmeisterkurs und der Möglichkeit, Ausbildungsplätze für Sattler Richtung Reit- und Fahrsport anzubieten. Ein entscheidender Höhepunkt im Berufsleben von Hansruedi, seiner Gattin Ruth und der drei Töchter Angela, Susanne und Barbara war im Jahre 2010 die Eröffnung der neuen Werkstatt und der Ausstellungsräume im ehemaligen Gasthof Löwen mitten im Dorf Wasen.
Parallel zur beruflichen Ausrichtung lief auch die intensive Weiterbildung der Fahrpferde mit dem 1. ZKV- Fahrkurs in der Empfa, dem Vierspännerkurs und dem Hengsthalterkurs bei P. Berger sowie mit der Ausbildung Equigard in Avenches. So vereinten sich bei Hansruedi die sattlerischen Kenntnisse mit den Ansprüchen für Tier- und leistungsgerechte Beschirrungen auf hohem Niveau für den Freizeit- und Sportbereich. Die enge Beziehung zum Pferd und die berufliche Herausforderung als Sattler prägen das Leben von Hansruedi Blaser zusammen mit seiner Familie und Mitarbeitern zu Gunsten der Kundschaft, die auf die Professionalität und die Freude am Handwerk von Hansruedi abstellen können.

Rundgang durch die Werkstätten
Die Vielseitigkeit und Schönheit der Fahrbeschirrungen brachte der Rundgang durch den Ausstellungsraum im ehemaligen Saal des Gasthofes, in dem die selbstgemachten Bündner Geschirre in einfacher und geschmückter Weise sowie die zum Teil aus dem europäischen Raum eingekauften unterschiedlichen Fahrsportbeschirrungen zu begeistern wussten. Dabei unterschied die Verkaufsschau zwischen den Kummet- und Brustblattgeschirren. Sattlerarbeit auf hohem Niveau widerspiegelte die Abteilung von unterschiedlichen Kummets, die vom Bünderkummet mit Lilienspitzen bis zu den mächtigen Spitzkummets für Kaltblutpferde reichten. Das Handwerk des Kummetherstellers wird nur noch von wenigen Sattlern ausgeübt. Und dazu zählt Hansruedi Blaser. Dazu werden die Materialen Leder, Stroh und Rosshaar sowie Holz für die Scheiter eingesetzt. Eine zeitaufwendige Arbeit ist die Herstellung der Kummetkissen, die nach wie vor mit Stroh und Pferdehaaren in Form gebracht werden. Als Stroh wird seit jeher Roggenstroh gebraucht, das möglichst lang und eine kurze Ähre hat. Dazu hat sich das bis drei Meter lange Stroh der alten Bündnersorte «Rothenbrunner» bestens bewährt. Diese neuen Kummets werden auf die besonderen Erfordernissen des Pferdes angepasst und sind, wie das die ausgestellten Produkte zeigen, Schmuckstücke, mit denen die Pferde strenge Einsätze am Wagen sowie beim Holzrücken umzusetzen wissen. Die Auswahl und der Kauf der Qualitätsleder gehören zum Alltag des Sattlers. In der Lederwerkstatt war auch die Tochter von Hansruedi, Angela, anzutreffen. Sie hat sich im Sattlerbereich bereits als Fachfrau für Leder und Textil einen Namen gemacht und wird ihre Fähigkeiten auch in Zukunft dem Betrieb Blaser zur Verfügung stellen. Sie ist aber auch stolz auf ihren 5-jährigen Freiberger, sagte sie noch. Als Abschluss des Rundganges zeigte uns die Lehrtochter im dritten Lehrjahr, Joana Alabor, wie defekte Geschirre gereinigt sowie repariert werden und als Schmuckstücke wieder zurück an den Besitzer gelangen.

Von Rolf Bleisch