• Präsentierten ein Budget-Defizit, das ihnen zwar nicht behagt, aber auch nicht auf dem Magen liegt (von links): Der Vorsteher des Langenthaler Finanzamtes, Thilo Wieczorek, Gemeinderat Roberto Di Nino und Stadtpräsident Reto Müller. · Bild: Walter Ryser

28.08.2019
Langenthal

Trotz hohem Eigenkapital unzufrieden

Es ist eine paradoxe Situation. Die Stadt Langenthal verfügt über ein ansehnliches Eigenkapital, doch bei der Präsentation des Budgets 2020 zeigten sich Gemeinderat und Finanzverwaltung nicht restlos zufrieden, weist doch das Budget für kommendes Jahr im Gesamthaushalt ein Defizit von etwas mehr als 3 Millionen Franken aus und muss zudem in den kommenden Jahren mit steigenden Defiziten gerechnet werden.

Es bleibt dabei, die Stadt Langenthal schlägt sich mit einem strukturellen Defizit herum, das sich vorerst kaum beseitigen lässt. So wird für das Budget 2020 mit einem Defizit von 3,01 Millionen Franken im Gesamthaushalt gerechnet. Im steuerfinanzierten Haushalt beträgt das Defizit gar fast 3,12 Millionen Franken. Zwar versicherte Gemeinderat Roberto Di Nino (Ressort Finanzen), dass die finanzielle Zielsetzung des Gemeinderates die Verringerung des strukturell bedingten Defizits unter Beibehaltung der aktuellen Steueranlage (1,38 Einheiten) sei, gleichzeitig räumte er aber ein, dass dies eine grosse Herausforderung darstelle. Di Nino skizzierte das geplante Vorgehen, das zur Verringerung des strukturellen Defizits, das in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen dürfte, führen soll. Es gelte, eine langfristige Finanzstrategie im steuerfinanzierten Haushalt zu erarbeiten, um die Handlungsfähigkeit ab Mitte der 2020er-Jahre aufrecht zu erhalten. Zudem sollen alle nicht gesetzlich vorgeschriebenen Ausgabenpositionen überprüft werden und Entlastungsmassnahmen konsequent umgesetzt werden. Ein weiteres Ziel sei die Verringerung des Aufwandwachstums sowie die Beschleunigung des Ertragswachstums. Damit strebe man ab Mitte der 2020er-Jahre ausgeglichene Budgets an.

IT-Kosten steigen markant an
Doch vorerst bleiben Budget und Rechnung der Stadt Langenthal rot, auch nächstes Jahr. Dabei habe vor allem das Outsourcing der IT-Plattform dem Gemeinderat einen Strich durch die finanziellen Vorgaben gemacht, betonte Di Nino.
Er wies darauf hin, dass die vorhandenen Server- und Arbeitsplatzinfrastrukturen in der Verwaltung ihre Kapazitätsgrenzen erreicht hätten, zum Teil technisch veraltet seien und ersetzt werden müssten. «Ein stabiler, datensicherer IT-Betrieb für eine effiziente Verwaltungstätigkeit kann mit den heutigen Infrastrukturen nicht länger sichergestellt werden», betonte der Gemeinderat. Die aktuellen Rahmenbedingungen waren letztendlich ausschlaggebend, dass man die IT-Plattform nicht mehr länger selber betreiben wollte, sondern zu einer Outsourcing-Strategie gewechselt hat. Diese wurde vom Stadtrat und vom Stimmvolk abgesegnet (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Die damit verbundenen rund 700 000 Franken Mehraufwand schlagen nun im Budget 2020 negativ zu Buche. «Aber was wäre die Alternative gewesen?», fragte Roberto Di Nino bei der Präsentation des Budgets.

Defizite steigen weiter an
Man hätte zwar den «status quo» optimieren und versuchen können, den Betrieb weiterhin selber zu betreiben, hielt er fest. «Man muss aber gleichzeitig klarstellen, dass dies nebst weiteren Nachteilen, kostenmässig teurer ausgefallen wäre.» So bleibt vorerst alles beim Alten oder eben doch nicht, denn der Investitionsplan der Stadt Langenthal weist für die kommenden Jahre einen hohen Investitionsbedarf aus. So plant die Stadt Langenthal in den nächsten fünf Jahren Investitionen im Umfang von rund 100 Millionen Franken (davon rund 83 Millionen Franken im steuerfinanzierten Haushalt). Somit werden in den nächsten Jahren die Defizite in den Jahresrechnungen der Stadt weiter ansteigen. Die kumulierten Defizite für die nächsten fünf Jahre liegen bei rund 19 Millionen Franken. Dennoch beträgt das Eigenkapital 2024 voraussichtlich immer noch rund 57,3 Millionen Franken.
Für Stadtpräsident Reto Müller ist jedoch klar, dass man sich gewisse Überlegungen machen muss. So hätten bei den Investitionen jene Projekte Priorität, die der Werterhaltung der Infrastruktur dienten, während Investitionen mit Zukunftspotenzial aktuell sekundär behandelt würden.

Steuererhöhung kurzfristig kein Thema
Ob zur Verringerung des strukturellen Defizits demnächst auch eine Steuererhöhung in Betracht komme, gaben sich sowohl Di Nino wie Müller zurückhaltend. «Kurzfristig drängt sich sicher keine Steuererhöhung auf», bemerkte Gemeinderat Roberto Di Nino. Ob jedoch mittelfristig ein solches Instrument eingesetzt werde, sei momentan schwierig zu prognostizieren, waren sich die beiden einig. «Eine Steuererhöhung muss politisch dem Volk einwandfrei erklärbar sein, was nicht ganz einfach ausfallen dürfte, wenn man selbst 2024 noch über ein Eigenkapital von knapp 60 Millionen Franken verfügen wird», zeigte sich Stadtpräsident Reto Müller skeptisch.

Von Walter Ryser