• «Das Gesamtbild der Aufgaben unserer Gemeinde bewog mich zu einem Nein. Es lag ein ausgezeichnetes Projekt vor, da zweifelte niemand daran. Es ist aber im Moment für unsere Gemeinde nicht stemmbar», sagt Ulrich Jäggi. · Bild: Thomas Peter

  • «Die zentrale Frage ist, was wir als Gemeinde tun müssen, damit wir in Zukunft eine neue Turnhalle bauen können.» · Bild: Thomas Peter

  • «Wenn die Sanierung der Turnhalle angegangen wird, ist es für mich klar, dass eine Solaranlage Teil des Projekts ist.» · Bild: Thomas Peter

29.10.2021
Oberaargau

Ulrich Jäggi: «Melchnau spricht nicht nur, wir handeln auch!»

Ende September stimmte die Gemeinde über den Baukredit für einen Turnhallenneubau ab – und lehnte diesen deutlich ab. Der «Unter-Emmentaler» sprach einen Monat danach mit Ulrich Jäggi (62), seit sieben Jahren Gemeindepräsident (SVP), über die Abstimmung, das Energiestadtlabel und die Attraktivität der Gemeinde.

Melchnau · Ulrich Jäggi, der Gemeinderat machte sich für ein Ja zum Turnhallenprojekt stark, die SVP, die Sie präsidieren, argumentierte gegen den Baukredit von 5,3 Millionen Franken. Sind Sie Gewinner oder Verlierer?
Ulrich Jäggi: Für mich sind die Verlierer die Schule, die nicht ausreichend Raum für eine Tagesschule hat, und die Vereine, die sich mehr Raum wünschten und diesen nun nicht bekommen. Ich teile allerdings die Meinung der Mehrheit, die das Projekt ablehnte. Wer mich kennt, wusste um meine Haltung. Als wir im Gemeinderat über den Antrag befanden, unterlag ich. Wir erarbeiteten ein Informationskonzept, wer den Antrag vertritt. Von da an äusserte ich mich nicht mehr persönlich. Ich bin weder Gewinner noch Verlierer, aber ich teile die Ansicht der Mehrheit.

Was überzeugte die Mehrheit der Melchnauerinnen und Melchnauer, ein Nein in die Urne zu legen?
Ich gehe davon aus, dass die massive finanzielle Belastung der Haushalte sowie der Bevölkerungsrückgang den Ausschlag gaben. Weiter ist die Situation der Lantal Textiles AG sehr ernst: Der Steuerausfall beträgt über einen Anlagezehntel. Die Gemeinde hat nicht nur die Aufgabe, eine Turnhalle zu bauen. Sie ist ebenfalls verantwortlich für Wasser- und Stromversorgung, die Schule und den öffentlichen Verkehr. Auch für diese Bereiche müssen ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Das Gesamtbild der Aufgaben unserer Gemeinde bewog mich zu einem Nein. Es lag ein ausgezeichnetes Projekt vor, da zweifelte niemand daran. Es ist aber im Moment für unsere Gemeinde nicht stemmbar. Die zentrale Frage ist, was wir als Gemeinde tun müssen, damit wir in Zukunft eine neue Turnhalle bauen können.

Was braucht es aus Ihrer Sicht dazu?
Die Gemeinde muss ihre Hausaufgaben machen. Das heisst, dass wir die Ausgaben im Griff behalten müssen. Wir bekommen wöchentlich einen Auszug der Mutationen der Einwohnerkontrolle. Mich schmerzt jeweils besonders, zu sehen, wenn junge Menschen wegziehen, etwa nach Huttwil, Madiswil oder Langenthal. Diese Einwohner kommen später nicht mehr zurück. Das heisst, dass wir den Anspruch an Wohnraum, den diese Generation hat, realisieren müssen. Der Gemeinderat unternahm mit dem Projekt «Gugerosthang» einen Versuch, was die Gemeindeversammlung allerdings ablehnte (Anmerkung der Redaktion: 2019 sprach sich die Gemeindeversammlung mit 78 zu 61 Stimmen gegen die Schaffung einer Zone mit Planungspflicht aus, die den Bau von drei Mehrfamilienhäusern mit 30 Wohnungen am «Gugerosthang» ermöglicht hätte). Die Absage an solche Projekte ist ein Grund, weshalb sich die Gemeinde nicht ausreichend entwickeln kann.

Das Abstimmungsergebnis zum Turnhallenprojekt löste aus, dass Beatrice Trösch (SP) aus der Finanzkommission zurücktrat. Wie hat der Gemeinderat darauf reagiert?
Frau Trösch trat bereits vor dem Abstimmungssonntag zurück. Bestimmt hatte ihr Entscheid einen Zusammenhang mit der Abstimmung, allenfalls auch mit der Haltung der SVP. Wir nahmen den Entscheid mit Bedauern zur Kenntnis. Gleichzeitig hat die SP Andreas Weber als Nachfolger vorgeschlagen. Der Gemeinderat bestätigte den Vorschlag, sobald Herr Weber zusagt, ist er Mitglied der Finanzkommission. Gleichzeitig gehört es dazu, dass man in einer Demokratie auch Niederlagen hinnehmen muss. Beispielsweise die verlorene Abstimmung über den «Gugerosthang» wirkte sich lange schlecht auf meinen Schlaf aus.

Der Sanierungsbedarf am Gebäude ist gross und die Sicherheit muss verbessert werden. Wie will der Gemeinderat nach dem Nein des Souveräns weiter vorgehen?
An unserer letzten Sitzung beschlossen wir, dass die Arbeitsgruppe, die das Projekt ausarbeitete, und die Schulkommission uns ihre Vorstellungen mitteilen. Weiter ist ein runder Tisch mit den Gegnern angedacht: Was ist aus ihrer Sicht machbar? Was können sie beisteuern? Wir wollen die Gegnerschaft abholen und nicht ein weiteres Projekt ausarbeiten und ein erneutes Scheitern riskieren. Die Sanierung muss angegangen werden, ohne Diskussion. Für die Tagesschule muss zeitnah eine Lösung gefunden werden. Schnelle Lösungen gibt es, etwa Container oder einen Pavillon.

Das Nein war also nicht gegen die Tagesschule gerichtet?
Ich sehe es nicht als Nein gegen die Tagesschule oder die Vereine, das möchte ich hervorheben. Im Nachgang bekam ich von beiden Seiten, Befürworter und Gegner, Rückmeldungen. Wer das Projekt ablehnte und sich bei mir meldete, betonte, nicht gegen die Tagesschule gestimmt zu haben.

Im Abstimmungskampf ging es auch um die Attraktivität des Dorfs. Befürworter sahen einen Neubau als Gewinn, Gegner argumentierten, dass sich ein hoher Steuerfuss negativ auswirke. Ist Melchnau unattraktiv?
Nein, ganz bestimmt nicht! Melchnau bietet vielen Vereinen die Möglichkeit, sich zu treffen. Seien es Schützen oder Turner, die seit über 100 Jahren auf unseren Anlagen trainieren. Weiter ist Melchnau sehr gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen – was uns alle einen Steueranlagezehntel kostet. Melchnau bietet ein durchgehendes und vollständiges Schulangebot vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe. Unsere Infrastruktur ist in einem guten Zustand, seien es die Strassen oder die Versorgungswerke. In der Freizeit steht uns eine kleine, familienfreundliche Badi zur Verfügung und vor der Haustür eine unglaublich schöne Landschaft, die zum Spazieren und Biken einlädt. Die Landschaft will gepflegt sein, weshalb die Gemeinde auch aktiv gegen Neophyten vorgeht.

Aus Ihrer Sicht ist es der fehlende Wohnraum, besonders für jüngere Menschen, der Melchnau fehlt?
Das ist sicher ein Grund – fehlender Wohnraum. Allerdings haben wir schon heute einen hohen Steuerfuss. Heute ist es sehr einfach, die Fiskalpolitik der Gemeinden miteinander zu vergleichen: In weniger als 30 Minuten weiss man, mit welchen Ausgaben zu rechnen sind. Dazu kommen Hitlisten, in denen Gemeinden mit höheren Steuerfüssen rot eingefärbt werden. Seit Jahren bemühen wir uns um einen ausgeglichenen Haushalt, was uns bisher gelang. Doch wir dürfen nicht übermütig werden.

Melchnau ist seit 2018 eine Energiestadt und hat sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Dennoch stimmte im Juni eine deutliche Mehrheit gegen das CO2-Gesetz, im September votierte eine knappe Mehrheit gegen den Klimaschutzartikel in der Kantonsverfassung. Wie passt der Wunsch der Gemeinde nach Nachhaltigkeit und die Ablehnung der Bevölkerung zusammen?
Die Frage kann eigentlich nur der Stimmbürger beantworten. Als wir über das Hochwasserschutzprojekt abstimmten, sprachen sich nur Einzelne dagegen aus. Das gleiche Phänomen ist bei der Raumplanung sichtbar: Die Revision des Raumplanungsgesetzes wurde mit 69 % gutgeheissen. Bringt man ein konkretes Projekt mit Verdichtung nach innen wie dem «Gugerosthang», so wird es abgelehnt. Dieser Widerspruch, so habe ich das Gefühl, wird immer dann sichtbar, wenn es um das eigene Grundstück geht.

Es gab also keine negativen Rückmeldungen zum Label Energiestadt?
Nicht im Geringsten! Die Arbeiten für das Label Energiestadt sind nicht abgeschlossen. In bestimmten Bereichen müssen wir jährlich etwas anpacken, um die geforderten Standards zu erreichen. Wenn man sich die Gesamtsituation der Umwelt anschaut, gibt es nur die Lösung, aktiv zu werden.

Aber ja nicht im eigenen Garten?
Das mussten wir leider feststellen: Die andern sollen, aber wenn es mich selbst betrifft, wird mit anderen Ellen gemessen.

Im Rahmen der Umsetzung des Energiestadtlabels wurde mit der Garage Küffer AG ein Carsharing-Angebot geschaffen: Die Gemeinde vermietet seit diesem Jahr ein Elektroauto. Wie ist das Projekt angelaufen?
Die Auslastung ist leider noch bescheiden: Bisher wurden etwas über 1300 km zurückgelegt. Mehrheitlich waren es Dienstfahrten der Gemeinde, oder wenn das Auto als Ersatzwagen für die Garage diente. Die zuständige Kommission für Versorgungswerke wird das Fahrzeug aber weiter bewerben. Ich konnte selbst das Fahrzeug schon nutzen und machte sehr gute Erfahrungen.

Ein weiteres Thema im Energiebereich ist die Förderung von Solaranlagen. Melchnau fördert deren Bau mit den Konzessionsabgaben aktiv. Viele private Anlagen wurden in den letzten Jahren installiert. Ist nicht die Gemeinde auch in der Pflicht, selbst solche Anlagen zu bauen?
Aus meiner Sicht eindeutig, ja. Eine Solaranlage kann allerdings nur im Zusammenhang mit einer Sanierung angegangen werden. Es kann nicht sein, dass auf alte Dächer etwas installiert wird, das wenige Jahre später schon wieder Platz machen muss, nur weil das Dach saniert werden muss. Wenn etwa die Sanierung der Turnhalle angegangen wird, ist es für mich klar, dass eine Solaranlage Teil des Projekts ist.

Wie stehen Ihre Kolleginnen im Gemeinderat dazu?
Manchmal habe ich das Gefühl, der jetzige Rat sei grüner als andere (schmunzelt). In Melchnau wurde schon vieles angegangen: Wir haben die Planung der Wärmeverbünde unterstützt und uns an den Planungskosten der Solaranlage auf dem Moosboden beteiligt (Anmerkung der Redaktion: 2010 wurde auf dem Dach der Betriebszweiggesellschaft Moosboden die damals grösste gebäudeintegrierte Solaranlage der Schweiz realisiert. Jährlich werden 250 000 Kilowattstunden Strom produziert). Melchnau spricht nicht nur davon, wir handeln auch!

Im nächsten Jahr steigt der Strompreis für Melchnauerinnen und Melchnauer. Was treibt die Kosten für mittelgrosse Haushalte von heute 19,34 auf neu 22,52 Rappen / Kilowattstunde?
Das hat verschiedene Gründe: Zum einen wird der Einkauf teurer, da beispielsweise weniger Atomstrom zur Verfügung steht oder verschiedenste Neubauprojekte durch Einsprachen und Widerstand blockiert sind. Wir sehen dies etwa in der Waadt: Auf der Baustelle eines Windparks werden Maschinen sabotiert, um den Park zu verhindern. Zum andern nimmt der Verbrauch zu, etwa weil Wärmepumpen installiert werden oder die Elektromobilität Fahrt aufnimmt. Für uns als Versorger führt diese Situation zu Mehrausgaben.

Wenn Melchnau ein geeigneter Standort wäre, würden Sie die Windräder mit offenen Armen begrüssen?
Das ist so. Ich bin grundsätzlich ein Vogelliebhaber. Die Windkraftwerke sind für Vogelschläge verantwortlich – gleichzeitig jagen eine Million Hauskatzen Vögel. Da sagt keiner etwas! Irgendwoher muss die Energie kommen. Ich heize seit 26 Jahren mit einer Wärmepumpe, ich bin selbst auch darauf angewiesen.

Dieses Wochenende wird 20 Jahre Wehrdienstverband Grünenberg gefeiert, an dem die Gemeinden Melch­nau, Busswil und Reisiswil beteiligt sind. Wie funktioniert die Zusammenarbeit bei der Feuerwehr über die Gemeindegrenzen hinaus?
Ich vertrete Melchnau im Wehrdienstparlament, das zweimal jährlich tagt. Die Zusammenarbeit funktioniert vorzüglich. Die Gründung vor 20 Jahren war ein Glücksfall und wurde sauber aufgegleist. Entsprechend dankbar bin ich unserer Feuerwehr. Für eine Gemeinde allein ist es nicht mehr möglich, eine eigene Feuerwehr zu betreiben. Hier zeigte sich einmal mehr, dass Melchnau mit dem Zusammenschluss früh eine pragmatische Lösung fand und entspre­chend handelte. Herzogenbuchsee, Huttwil und andere fusionierten alle erst später.

In welchen weiteren Bereichen arbeitet Melchnau mit anderen Gemeinden zusammen?
Wir arbeiten dort mit andern zusammen, wo beide davon profitieren. Seit gut 40 Jahren teilen sich Melchnau und Altbüron den Schiessstand Fischbächli. Wir führen die AHV-Zweigstelle mit Busswil zusammen und den Kehricht entsorgen wir gemeinsam mit Reisiswil. Im Bestattungswesen arbeiten die drei Gemeinden Busswil, Reisiswil und Melchnau ebenfalls zusammen. Melchnau ist offen für die weitere Zusammenarbeit.

Ein weiteres Projekt im Bereich der Zusammenarbeit ist der Anschluss an die Wasserversorgung untere Langete (WUL). Damit sollte die Versorgungssicherheit aus zwei unabhängigen Quellen gewährleistet werden, wie es der Gesetzgeber vorschreibt. Wie ist der Stand der Dinge?
Um die WUL ist es still geworden, seit der Pandemie hörten wir nicht mehr viel. Corona hat unsere Ausgangslage massiv verändert: Der Wasserverbrauch der Firma Lantal Textiles AG ging um zirka 75 Prozent zurück. Vor der Pandemie bezog die Teppichfabrik fast die Hälfte des Melchnauer Trinkwassers, um die Färberei zu betreiben. Jetzt ist es noch ein Viertel, entsprechend ging der Wasserverbrauch und damit auch die Einnahmen aus der Wasserversorgung zurück. Auch deshalb musste vor einem Jahr über eine Gebührenerhöhung abgestimmt werden. Je weniger Abnehmer es sind, desto teurer wird es für den Einzelnen, denn die Fixkosten bleiben und müssen auf weniger Schultern verteilt werden. Wie eingangs gesagt, geht unsere Bevölkerung zurück. Je weniger Haushaltungen geführt werden, umso teurer werden Wasser, Elektrizität und Abwasser für jeden Einzelnen.

Im Februar schrieb der «Unter-Emmentaler», dass die Gemeinde die WUL anfragte, ob ein Netzzusammenschluss möglich wäre und die WUL die Frage intern kläre. Wo stehen die Verhandlungen heute?
Das Thema war sehr aktuell, als die Fusionsverhandlungen zwischen Langenthal und Obersteckholz stattfanden. Im Zuge der Verhandlungen wollte man zuerst die private Wasserversorgungsgenossenschaft auflösen, was nicht gelang. Obersteckholz hat ein Versorgungsproblem, und in diesem Zusammenhang wäre es naheliegend gewesen, wenn Melchnau und Busswil bei dieser Lösung mitgemacht hätten. Das hätte einen Teil unseres Problems gelöst, die Kosten wären allerdings angestiegen. Das Wasser aus der Quelle Laupern, die ungefähr einen Drittel zur Versorgung beiträgt, läuft ins Reservoir, ohne dass Pumpen nötig sind. Das Wasser aus der Quelle Häisiwil muss bereits heute gepumpt werden und auch Wasser aus der WUL müsste nach Melchnau gepumpt werden. Die Frage, ob ein Zusammenschluss unter diesem Aspekt ökologisch sinnvoll ist, erübrigt sich. Allerdings hat die WUL mittlerweile gewisse Anforderungsprofile ausgearbeitet, man spricht über Einkaufssummen, die nicht mehr für alle Gemeinden tragbar sind. Letztendlich wird der Souverän über den Beitritt zur WUL entscheiden. Doch die Rückmeldungen aus der Bevölkerung sind heute eher negativ: Wir hätten ja Wasser, man könne weiterhin selbstständig bleiben. Die WUL ist am Zug, uns Rückmeldung zu geben. Auch Busswil müsste mitmachen, denn die Wasserversorgung Rottal soll aufgehoben werden (Anmerkung der Redaktion: An dieser sind neben Busswil, Ober- und Untersteckholz beteiligt). Von der Wasserversorgung Rottal profitieren wir bereits heute, etwa von den Löschwas­ser­re­serven, die uns im Notfall zur Verfügung stünden. Ich weiss, dass eine beteiligte Gemeinde vorwärtsmachen will. Doch das Dossier ist zurzeit bei der WUL und der Stadt Langenthal hängig.

Ende nächstes Jahr endet Ihre zweite Amtszeit als Gemeindepräsident, zuvor waren Sie zwölf Jahre Gemeinderat. Ist es Ihre letzte Amtszeit?
Das sieht unser Reglement so vor. Bereits vor vier Jahren wurde dieses angepasst, damit ich eine zweite Amtszeit als Präsident anhängen konnte, was damals nicht mein Wunsch war, aber mangels Alternativen wurde dieser Weg eingeschlagen. Irgendwann muss man Platz machen. Und jetzt sind Jüngere am Zug, sie sollen ihre Zukunft planen, indem sie in den Behörden mitarbeiten. Für mich ist die Zeit im Gemeinderat in einem Jahr beendet.

Was motivierte Sie, so lange im Gemeinderat zu sein?
Man rutscht in solche Ämter immer hinein. Ich war zu Beginn in der Fürsorgekommission, jemand fragte mich für den Gemeinderat an. Während zwölf Jahren war ich für das Ressort Liegenschaften und Strassen zuständig, was mir sehr gut gefiel. Irgendwann kam die Frage nach dem Präsidium, ich wurde von meiner Vorgängerin angefragt. Nach langer Bedenk­-
zeit entschied ich mich dafür, auch nach Rücksprache mit dem Gemeindeschreiber. Denn seine professionelle Unterstützung, überhaupt die Unterstützung der ganzen Verwaltung, ist entscheidend, wenn man weiterhin Vollzeit arbeiten will. Vor gut einem Jahr hat sich mein Arbeitsort von Langenthal nach Burgdorf verschoben, was Sitzungen während dem Tag, etwa mit Amtsstellen, deutlich erschwert. Vor vier Jahren hätte ich in dieser Situation nicht zugesagt. Ich empfand Begegnungen mit Menschen, die sich gegenseitig achten und respektieren, als sehr wertvoll. Dies gab mir immer etwas zurück. Auch wenn es manchmal nicht rund lief, wenn Achtung und Respekt da waren und gemeinsam Lösungen gefunden werden konnten, dann gibt es einem etwas zurück. Daneben ist die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern, den Kolleginnen im Gemeinderat und allen Kommissionsmitgliedern positiv. Ein weiterer Grund aus meiner Sicht ist, dass, weil es mir gut geht, ich der Gemeinde und den Menschen etwas zurückgeben will. Klar, allen kann man es nie recht machen. Daneben ist man auf Unterstützung aus der Familie und dem Freundeskreis angewiesen sowie auf gute Gesundheit. Mein Ziel ist es, das anstehende Jahr als Gemeindepräsident sauber zu Ende zu führen. Will jemand später etwas wissen, gebe ich gerne Auskunft, aber entscheiden müssen andere. Ich hoffe, dass wir ausreichend Kandidaten für die nächsten Wahlen finden. Wer sich gegen die Anträge des Rates stellt, sollte aus meiner Sicht auch bereit sein, sich für die Wahlen aufstellen zu lassen. Kritisieren ist immer deutlich einfacher als das konkrete Umsetzen.

Patrik Baumann im Gespräch mit Ulrich Jäggi, Gemeindepräsident Melchnau (SVP)