• Das Hirsbrunner-Areal hat eine bewegte Geschichte. Hier wurden die berühmten Sumiswalder Pendulen der Familie Leuenberger wie auch die weltbekannten Hirsbrunner-Blechblasinstrumente hergestellt. · Bild: Marion Heiniger

  • Das Hirsbrunner-Areal soll um- und teilweise neugebaut werden. Dabei wird Rücksicht auf die bewegten Geschichten der Familien Leuenberger und Hirsbrunner genommen. · Visualisierung und Bilder: zvg

  • Die Firmengeschichte der Hirsbrunner Instrumentenfabrik reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück.

  • Die Villa an der Dorfgasse 6 in Sumiswald wurde 1824 erbaut.

  • Von 1826 bis 1891 wurden von der Familie Leuenberger die berühmten Sumiswalder Pendulen mit Schlagwerk hergestellt.

02.11.2023
Emmental

Umbau eines geschichtsträchtigen Areals

Die Villa und das Fabrikgebäude an der Dorfgasse 6 in Sumiswald, auch als Hirsbrunner-Areal bekannt, haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Hergestellt wurden dort die berühmten Sumis­walder Pendeluhren, später dann die Blechblas­instrumente der Firma Hirsbrunner. Im Herbst 2016 wurde das Areal versteigert. Die neue Besitzerin ist die GLB Genossenschaft. Nun sollen dort moderne Gewerbe- und Wohnräume entstehen.

Sumiswald · Am 17. Oktober 2016 wurde das Hirsbrunner-Areal in Sumiswald betreibungsrechtlich versteigert. Die GLB Genossenschaft erhielt den Zuschlag. Versteigert wurde das erhaltenswerte, 1824 erbaute Wohnhaus und der ebenfalls erhaltenswerte Fabrikbau aus dem Jahr 1935 sowie Garagen und Umschwung. Nun möchte die GLB das geschichtsträchtige Areal um- und teilweise neu bebauen. Dabei soll so viel wie möglich von dessen Geschichte erhalten bleiben. «Werbeschilder und Schriftzug der Hirsbrunner Instrumentenfabrik möchten wir bewahren, zudem sind wir bestrebt, die Geschichte der Vorgängerdynastie ‹Leuenberger› mit den hoch präzisen Standuhren und Pendulen ebenfalls umzusetzen», sagt Andreas Sommer, Architekt und zuständiger Projektleiter.

Uhren und Instrumente
Die Firmengeschichte der Hirsbrunner Instrumentenfabrik, in der zu Anfang vorwiegend Holzblasinstrumente hergestellt wurden, reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Gegründet wurde sie 1847 von Hansulrich Hirsbrunner. Später machte sich der Familienbetrieb mit der Herstellung von Blechblasinstrumenten, insbesondere von hochwertigen Tubas und Eufonien einen weltweiten Namen. Doch bereits vorher machte das Areal weltweit von sich reden. Hergestellt wurden dort von Johann Leuenberger ab 1826 die Sumiswalder Pendeluhren. Der Begründer der Geschichte jener Uhrmacher, welche den Ortsnamen Sumiswald in die Welt hinaustrugen, war jedoch Jakob Zaugg von Eriswil, der das meist schwarze Gehäuse der Pendulen mit einem Uhrwerk aus dem Neuenburger Jura in Wasen anfertigen und kunstvoll bemalen liess. 1891 ging die Ära Leuenberger zu Ende, da Vater und Sohn innerhalb einer Woche an einer Krankheit starben. Mangels Nachfolge wurde das Inventar an eine Sumiswalder Investorengruppe verkauft und die Uhrenfabrik Sumiswald gegründet, welche jedoch nur von 1891 bis 1895 existierte. Nach mehrmaligen Besitzerwechseln übernahm 1902 Jakob Gottlieb Baer die Fabrik. Bis etwa 1930 fabrizierte er die bekannten Sumiswalder Pendulen mit Schlagwerk. Heute stellt Ueli Zürcher aus Wasen, wie auch dessen Vater zuvor, noch auf Bestellung die Sumiswalder Pendulen rein handwerklich in Einzelstücken her.

Erhalt der bestehenden Bauten
Geschichte und Industrie gehören auf dem Hirsbrunner-Areal zusammen. «Das Hauptziel der Projektentwicklung ist der Schutz und Erhalt der bestehenden Bauten», sagt Andreas Sommer. Dabei soll die Villa an der Strasse den ungebrochenen Hauptbezug darstellen und nicht von den Neubauten überragt werden. Der Charme und die Wirkung von Villa und Fabrik, welche prominent zwischen dem Bekleidungshersteller Albiro und dem Coop-Supermarkt liegen, würden dabei durch Freistellung verstärkt. «Die Villa und die Fabrik sind lediglich erhaltenswert. Die Bauten in ihrer Anordnung und im Kontext des schützenswerten Ortsbildes haben jedoch einen wesentlich höheren Stellenwert», erklärt Sommer. Dieser Charakterzug soll nun durch zwei Neubauten verstärkt werden, welche den industriellen Charakter neu interpretieren. An einer Informationsveranstaltung im Januar wurden die Anwohner über das Bauprojekt informiert und von diesen positiv aufgenommen. Zum publizierten Baugesuch wurden keine Einsprachen eingereicht.
Gesamthaft entstehen vier Gewerberäumlichkeiten, welche sich für Kleingewerbebetriebe eignen. Geplant sind zusätzlich 20 Wohneinheiten mit einem Wohnungsmix von 2,5-, 3,5- und 4,5-Zimmerwohnungen. Die beiden geplanten Neubauten werden durch Laubengänge verbunden, welche als Erschliessung und als Aussenraum dienen. Während das Zusammenleben im Innenhof stattfinden wird, sind die Gewerberäume strassenseitig zu finden. Fünf Wohnungen werden in der alten Villa realisiert. Im alten Fabrikgebäude entstehen zusätzlich zwei moderne Loftwohnungen. Sämtliche Wohnungen in den Neubauten werden altersgerecht gebaut und mit einem Aufzug erschlossen. Ein belebter Innenhof schafft einen subtilen Bezug zu den anderen Bewohnern. Angestrebt wird eine Gemeinschaft, die gelebt werden soll. Sofern die Baubewilligung vorliegt, geht die Bauherrin davon aus, dass frühestens in einem Jahr mit den Bauarbeiten begonnen werden kann. Der Terminplan sei jedoch erst in Vorbereitung, merkt Andreas Sommer an. Die GLB ist bestrebt, sowohl einheimische wie auch regionale Unternehmen zu beauftragen. Das gesamte Projekt wird sich je nach Ausführungsvarianten zwischen 16 und 17 Millionen Franken bewegen.

Von Marion Heiniger