• Die Huttwiler Verteidigerin Lara Christen glänzte das gesamte Turnier über mit grossem Einsatz. Wie auch auf dem Bild im Bronzespiel während dem Zweikampf gegen Finnlands Petra Nieminen. · Bild: Keystone

18.02.2022
Sport

«Unsere Leistung hat einfach nicht gereicht»

Die 19-jährige Huttwilerin verpasst mit der Schweizer Frauen-Eishockeynati an den Olympischen Winterspielen in Peking die Bronzemedaille. Im entscheidenden Spiel verlor die Schweiz gegen Finnland 0:4. Die während dem ganzen Turnier glänzend aufspielende Verteidigerin aus Huttwil zieht im Interview Bilanz.

 

Olympiade · Wie schwer wiegt die Enttäuschung über die verpasste Bronzemedaille?
Sie ist gross. Wir haben gewusst, dass wir es mit einer starken Leistung schaffen könnten. Wir haben während zwei Jahren alles gegeben, um dieses Ziel zu erreichen. Dementsprechend traurig bin ich, dass wir es nicht geschafft haben. Doch zum Sport gehören Siege und Niederlagen. Das Leben geht weiter.

Was – wenn nicht eine Bronzemedaille – nehmen Sie aus Peking mit nach Hause?
Ganz viele positive Erinnerungen. Der Teamgeist war wundervoll. Und natürlich bringe ich Souvenirs wie Tücher, Stifte oder Tassen sowie einige Olympia-Maskottchen mit nach Hause.
 
Unmittelbar nach Spielende haben Sie ein paar Tränen verdrückt.
Das stimmt. Wir haben mehr von uns erwartet. Das klare Ziel lautete «Gewinn der Bronzemedaille». Dies haben wir nicht erreicht. So gab es Tränen der Enttäuschung.

In der Gruppenphase hat die Schweiz gegen Finnland 3:2 gewonnen. Im Spiel um Bronze waren die Finninnen klar besser als die Schweizerinnen. Warum konnte die gute Leistung der ersten Begegnung im wichtigsten Spiel nicht wiederholt werden?
Sie sind mit Tempo gekommen. Wir hingegen haben die einfachen Sachen nicht richtig gemacht.

Woran lag es genau?
Wir waren topmotiviert und haben alles gegeben, um ein zweites Mal zu gewinnen. Es sollte aber einfach nicht sein. Unsere Leistung hat einfach nicht ausgereicht.

Es sah ein bisschen so aus, als ob der Wille da war, die Medaille zu gewinnen, die körperliche Verfassung dafür aber nicht genügte.
Im Kopf waren wir absolut bereit. Und ich denke, dass wir auch physisch bereit waren. Wir konnten einfach über die gesamten 60 Minuten unser Spiel nicht aufziehen. Die Finninnen waren sehr aufsässig und haben Druck gemacht. Wir fanden einfach kein Rezept.

Persönlich haben Sie als jüngste Spielerin der Schweizer Nati mit Ihrer überlegten und ruhigen Verteidigungsarbeit mit Offensivqualitäten absolut überzeugt, erhielten von Trainer Colin Muller am meisten Eiszeit. Ein kleiner Trost?
Jein. Natürlich ist es toll, soviel Vertrauen zu erhalten, was ich auch sehr schätze. Aber ich bin in einer Teamsportart aktiv. Ein Medaillengewinn wäre mir viel lieber gewesen.

Ihr schönster Moment an diesen Olympischen Spielen in Peking?
Der 4:2-Sieg im Viertelfinal gegen Russland. Mit dieser tollen Teamleistung haben wir uns den Halbfinal-Einzug wirklich verdient.

Es war Ihre Olympia-Premiere. Es dürfte das grosse Ziel sein, in Mailand und Cortina d’Ampezzo 2026 wieder dabei zu sein?
Natürlich ist dies mein persönliches Ziel, dort wieder dabei zu sein. Und ich bin sicher, dass wir dort als Team umso stärker zurückkommen werden.

Wann reisen Sie in die Schweiz zurück?
Wir kommen am Freitagmorgen (heute) zurück.

Und wann kann Sie die Familie daheim an der Hohlenstrasse in Huttwil in die Arme nehmen?
Ich denke, dass mich meine Familie am Flughafen abholen wird. Ich freue mich auf das Wiedersehen.

Stichwort Huttwil: Wurden Sie im fernen China oft auf Ihre Herkunft angesprochen?
Nein. Wir haben uns immer in unseren roten Kleidern gezeigt, womit für alle klar war, dass wir aus der Schweiz kommen.  

Sie sind die erste Olympia-Teilnehmerin aus Huttwil. Die Gemeinde sollte Ihnen ein Denkmal setzen – oder sich anders erkenntlich zeigen.
Lara Christen lächelt nur.

Können Sie sich einige Tage erholen?
Nach der Rückkehr möchte ich schon ein bisschen regenerieren. Der Körper musste hart arbeiten in den letzten Wochen. Darum verdient er jetzt ein bisschen Ruhe. Auch mental muss ich etwas abschalten.
Wann kehren Sie in den Meisterschaftsbetrieb mit den ZSC Lions in der höchsten Schweizer Frauenliga zurück?
Sobald ich fit bin, geht es weiter. Das nächste Meisterschaftsspiel gegen Reinach wäre bereits am kommenden Sonntag.

Wie schwierig ist es für Sie, nach der bitteren Enttäuschung die Motivation für die Eishockeyaufgaben auf nationaler Ebene zu finden?
Aus jeder Enttäuschung ziehe ich positive Schlüsse, um daran zu wachsen. Ich mag das Eishockeyspiel sehr. Darum bin ich immer motiviert.

Was streben Sie in Meisterschaft und Cup an?
Wir wollen den Meistertitel holen, ganz klar. Im Cup stehen wir im Halbfinal. Am besten holen wir gleich das Double.

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Lara Christen, Eishockeyspielerin aus Huttwil