• Studienleiter Boris Szélpal informiert die vielen Anwesenden über die Arbeiten der Studierenden der Berner Fachhochschule, die sich mit der künftigen Entwicklung der Gemeinde Huttwil auseinandergesetzt haben. · Bild: war

22.01.2020
Huttwil

Viele Ideen für die Zukunft der Gemeinde

Die Studierenden der Berner Fachhochschule haben ihre Ideen zur Zukunft von Huttwil präsentiert. Diese reichen von einer Verschönerung des Städtlizentrums mit «Street Art» (Graffiti) bis zu einer Markthalle als Treffpunkt für ganz Huttwil.

Im Herbst 2018 wurde in Huttwil das Projekt «Städtliwerkstatt» in Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule gestartet. Auslöser dazu war der hohe Leerwohnungsbestand in der 5000-Seelen-Gemeinde. Studienleiter Boris Szélpal präsentierte nun mit den Studierenden der Berner Fachhochschule die Ergebnisse des CAS-Studiengangs «Areal- und Immobilienentwicklung». Dabei wurde rasch ersichtlich, dass sehr viele Ideen zur Zukunft Huttwils vorhanden sind, die weit über Massnahmen zur Verringerung des hohen Leerwohnungsbestandes hinausgehen.
Vor allem auf das Zentrum des «Städtli» haben es die Studierenden abgesehen. Hier sehen sie grosses Potenzial zur Weiterentwicklung der Gemeinde. So hat eine Gruppe die urbane Qualität Huttwils in den Vordergrund gerückt und regt an, im Gemeindehaus eine Roof-Top-Bar zu installieren, die in diesem markanten Gebäude zu einem beliebten Treffpunkt werden soll.

«Street-Art» als optische Belebung
Dazu empfehlen sie, das Zentrum mit schattenspendenden Bäumen und Verweilmöglichkeiten auszustatten. Auch wird die Schaffung von Co-Working-Spaces sowie die Durchführung von Kursen und Seminaren im Gemeindezentrum angeregt.
Abgerundet werden soll das Angebot mit einem Freiraum vom Stadthaus bis zum Brunnenplatz. Dazu müssten Parkplätze in unmittelbarer Nähe (in drei Minuten zu Fuss erreichbar) zur Verfügung stehen. Eine andere Gruppe sieht ebenfalls Entwicklungspotenzial im Stadthaus und will daraus ein Volkshaus machen, mit Verwaltung, kulturellem und sozialem Leben, Gewerbe sowie Pop-up-Stores. Sie fordern die Huttwiler auf, ihre Ideen zum Volkshaus in Huttwil einzubringen (Infos unter www.volkshaus-huttwil.ch). Eine weitere Gruppe präsentierte ein visionäres und gewagtes Gestaltungsprojekt, mit dem sich Huttwil einen Namen weit über die Region hinaus schaffen könnte. Das Konzept setzt dabei auf die moderne «Street-Art» (Graffiti), die in den letzten Jahren vor allem in den Grossstädten zum Trend geworden ist. Die Studierenden sind überzeugt, dass die «Street-Art» Huttwil wieder mehr Identität geben würde, weil sie Historisches mit dem Heute verbindet und dadurch das kleine Städtchen zum Wegbereiter für eine moderne Zentrumsgestaltung machen könnte. Die Umnutzung des Stadthauses soll dazu beitragen, dass das Zentrum aufgewertet und belebt wird, findet eine weitere Gruppe.

Ein Stadtmanager für Huttwil?
«Als Leuchtturm-Projekt soll es zudem das lokale Gewerbe und die regionalen Wertschöpfungsketten fördern, die Wohnattraktivität des Zentrums erhöhen und weitere Akteure ermutigen, mit eigenen Projekten daran anzuknüpfen oder sich an der Entwicklung des Stadthauses zu beteiligen», schreiben die Studierenden. In ihrer Vision entsteht aus dem Verwaltungsgebäude ein Markt- und Eventlokal, welches das Marktangebot im «Städtli» erweitert und als Treiber für die Belebung dient. Aus der Verwaltung könne so die «Genussverwaltung» werden. Der Stadtkern soll in erster Linie für Begegnungen dienen, fordert eine weitere Gruppe Studierender. Diese wollen, dass Fussgänger Vortritt haben, der Fahrverkehr lediglich mit Tempo 20 unterwegs ist und der Brunnenplatz verkehrsfrei wird.
Im Weiteren sollen Kunst und Kultur gefördert werden. Dazu sollen Kommissionen für Kunst, Kultur und Markt gebildet werden. Die Märkte sollen auch in Zukunft als Hauptattraktivität dienen. Dazu seien zeitgemässe und neue Konzepte erforderlich. Bestehende Märkte müssten zudem neu interpretiert und belebt werden. So könne sich Huttwil als DIE Marktstadt positionieren. Damit dies alles umgesetzt werden könne, schlagen die Studierenden vor, den Posten eines Stadtmanagers zu schaffen. Dieser sei verantwortlich für das Standortmarketing, die Standortentwicklung, die Koordination aller Kommissionen und diene als Dreh- und Angelpunkt für die gesamte Stadtentwicklung.
«Ein Städtli für alle» fordert eine weitere Gruppe, die der Meinung ist, dass sich die Bevölkerung wieder vermehrt mit dem «Städtli» identifizieren sollte. Grosses Optimierungspotenzial sehen die Studierenden vor allem auf dem Brunnenplatz. Hier gelte es, die Aufenthaltsqualität zu steigern. Deshalb sollen kurzfristig die Autoparkplätze rund um den Brunnen aufgelöst und die Durchfahrt für Autos zwischen der Marktgasse und dem Brunnen aufgehoben werden. Langfristig soll der Durchgangsverkehr im «Städtli» nur noch für Zubringer gestattet sein. Durch mobile Poller bei den beiden Zugängen zum Brunnenplatz wird das «Städtli» zu einer verkehrsfreien Zone. Dadurch entstehe ein Treffpunkt, wo man sich wohlfühle und die Besucher gerne verweilen würden. Dabei sollen jedoch die verschiedenen Geschäfte im «Städtli» in die Planung der langfristig verkehrsfreien Zone einbezogen werden. Durch die Auflösung einer Anzahl Parkplätze würden neue Möglichkeiten entstehen. Gepflanzte Bäume, bequeme Sitzgelegenheiten und «Urban Gardening» lade Besucher zum Verweilen ein. Die letzte Gruppe legte ihr Augenmerk auf das Standort-Marketing, welches sich zwingend mit folgenden Themen befassen muss: Sicherung und Steigerung der historischen Bekanntheit des Brunnenplatzes, Stärkung des Marktlebens in Huttwil, Umsetzung der Einwohnerbedürfnisse, welche über die Plattform «Städtliwerkstatt» eruiert wurden, Stärkung der Kommunikation zwischen Gemeinde und Einwohner sowie die Ausrichtung des gesamten Konzeptes auf die Region Huttwil. Die Gruppe stellte zudem eine angespannte Stimmung in der Bevölkerung von Huttwil fest.

Externe Unterstützung anfordern
«Die einzelnen Organisationen, Vereine und Bürger misstrauen einander und auch dem Gemeinderat. In der heutigen Konstellation ist nicht an mögliche Kooperationen, Lösungsfindungen oder gemeinsame Entwicklungen zu denken», schreiben sie in ihrem Bericht. Die Autoren empfehlen deshalb zur Umsetzung von Massnahmen zur innerstädtischen Areal- und Platzgestaltung ein Planungsbüro zu beauftragen.

Nicht bloss «Papiertiger»
Wie weiter? Für Gemeindepräsident Walter Rohrbach sind die Arbeiten der Studierenden der Fachhochschule Bern nicht bloss «Papiertiger».
«Im Gegenteil. Wir haben sehr viele interessante Ideen und Inputs erhalten. Der Gemeinderat wird sich während seiner Klausur-Tagung im Februar intensiv mit den Ergebnissen aus der Städtliwerkstadt befassen und das weitere Vorgehen bestimmen. Es ist unser Ziel, gewisse Vorschläge und Anregungen aufzunehmen und bei der künftigen Entwicklung der Gemeinde zu berücksichtigen».

Von Walter Ryser