• Michael Varekamp & The Louis Armstrong Celebration brachte die wunderbare Welt des legendären Jazzmusikers Louis Armstrong an die Jazz-Tage nach Langenthal. · Bild: Roland Kämpfer

18.10.2021
Langenthal

What a Wonderful World

Zum Auftakt der 31. Jazz-Tage brachten Michael Varekamp & The Louis Armstrong Celebration Band die wundervolle Welt des legendären Jazzmusikers nach Langenthal und begeisterte das Publikum im katholischen Kirchgemeindehaus. Vor fünfzig Jahren hatte «Satchmo» die Weltbühne für immer verlassen.

Langenthal · Gerade mal zehn Jahre alt war Michael Varekamp, als er im Plattenschrank seines Vaters eine Schallplatte von Louis Armstrong entdeckte. Er hörte «The Townhall Concert» aus dem Jahr 1947 und wusste augenblicklich, dass er auch Trompete spielen wollte. Wie Michael Varekamp gegenüber dieser Zeitung erklärt, gründete er bereits als Zwölfjähriger seine erste Band und reist zehn Jahre später durch die Welt als Musiker und Louis-Armstrong-Kenner. Er spielte im weltberühmten New Yorker Lincoln Center, war Special Guest der Kenny Ball Band und trat mit Branford Marsalis auf. Als junger Trompeter gastierte er mit der Dutch Swing College Band schon an den Langenthaler Jazz-Tagen, als diese noch im Saal des Hotel Bären stattfanden.

Alter Jazz in neuen Klangfarben
Stilsicher und in seiner eigenen Version arrangiert Sänger und Trompeter Michael Varekamp New-Orleans-Feeling gespickt mit modernen Einflüssen. Er verbindet die filigrane Eleganz des Swing mit traditionellem Jazz. Und «heiss» war sie, die Musik, dargeboten in der klassischen «All Star»-Besetzung von Armstrong mit Einflüssen aus der Hot-Five-Periode. Die hochkarätige Louis Armstrong Celebration Band bot eine fulminante Liveshow, auf die viele Jazzfreunde sehnlichst gewartet haben. Auch Claudia Frangi, die neue Präsidentin der Langenthaler Jazz-Tage, freut sich, dass die Besucherinnen und Besucher die Konzerte heuer wieder ohne Maske geniessen können. Massnahmen wie eine Einlasskontrolle nach der 3G-Regel gewährleisten die Sicherheit. Zudem wurde die Besucherzahl auf 180 Sitzplätze reduziert und die Gastronomie angepasst.

Charismatischer Musiker
Neben seinem hinreissenden Trompetenspiel mit wunderschöner Phrasierung überzeugte Michael Varekamp mit seiner Stimme, die der tiefen, wohlklingenden Stimme von Louis Armstrong sehr nahe kommt. Ebenso seine Ausstrahlung und die humorvolle Art. Lässig hält der Entertainer die Trompete in der linken Hand, wenn er singt oder den nächsten Song in einem charmanten Mix in Englisch und Deutsch ansagt. Seine Bühnenpräsenz im stilgerechten Outfit mit Borsalinohut, Gilet und handgenähten Lederschuhen ist überzeugend. Wie Louis Armstrong beherrscht Michael Varekamp den «Scat», eine Art improvisierter Jazzgesang. «Kennen sie Max Verstappen? Mein Scat-Gesang ist beinahe so schnell wie der belgisch-niederländische Formel-1-Fahrer», witzelte Michael Varekamp und interpretierte «When the Saints».

Berührender Gospelsong
Am Schluss des ersten Sets stieg Michael Varekamp von der Bühne und zelebrierte «Just a closer walk», jenen Gospel, der am häufigsten an traditionellen New-Orleans-Jazz-Beerdigungen gespielt wird. Ohne Mikrofon erfüllte seine voluminöse Stimme den Raum, nur begleitet vom Schlagzeug und dem weichen, fliessenden Klang der Jazzbesen. Ein entrückter Moment, der viele Festivalbesucher tief berührt hat.

Spitzenmusiker
Viel Beifall erhielten die zweistimmigen Break-Improvisationen des begnadeten Jazztrompeters mit Peter Verhas an Tenorsaxofon und Klarinette. Der Virtuose erinnerte mit seiner eleganten Spielweise und seinem schlanken, hellen Ton an Lester Young und dem ausgeprägten Swing-Feeling an Benny Goodman. Neben Louis Armstrong wurden Titel gespielt wie «My Blue Heaven» von Fats Domino, «Jambalaya», einem Cajun-Song von Countrysänger Hank Williams oder «O Marie» im Rock’n’Roll Genre des Jazztrompeters Louis Prima. Mit einem vibratoreichen Klarinettensolo interpretierte Peter Verhas «Petite Fleur» von Sidney Bechet. Neben Jelly Roll Morton einer der einflussreichsten Musiker des frühen Jazz. Mit dessen Komposition «Finger Breaker» verblüffte Harry Kanterst als Ragtime-Pianist. In atemberaubendem Tempo und mit unglaublicher Leichtigkeit fliegen seine Finger über die Tasten und bleiben ganz. Harry Emmery erzeugt einen kraftvollen Drive am Bass und erstaunt mit virtuoser Technik. Der 50-jährige Erik Kooger hat am Konservatorium Den Haag studiert und begeistert mit Power und einem minutenlangen Schlagzeugsolo.
Die Band lebt den traditionellen Jazz und das Publikum bedankt sich mit langanhaltendem Applaus bei den einzigartigen «All Stars» aus den Niederlanden. Die Musiker verabschieden sich mit jener Zugabe, auf die alle gewartet haben: What a wonderful world – oh, yeah!

Von Brigitte Meier