• Anita Steiner-Thaler und die Kinder und Jugendlichen in ihrem Element: Die Freude am gemeinsamen Singen im Chor ist unübersehbar. · Bilder: Prisca Rotzler Köhli

  • Elin, Hanna, Lea und Julia (von links) sind mit Begeisterung beim Chor dabei und erzählen auch gerne darüber.

  • Die Chorleiterinnen Simone Joss-Bobst (links) und Anita Steiner-Thaler.

  • Die spielerische Einstimmung auf die Chorprobe ist wichtig.

11.03.2024
Langenthal

«Wir möchten mit unseren Liedern berühren»

Vor etwa zwei Jahren wurde der Kinder- und Jugendchor Shake Awake (zu Deutsch wachrütteln) als Projektchor im Umfeld der reformierten ­Kirche Langenthal gegründet. Im November 2023 in einen Verein überführt, erlebte dieser am vergangenen Wochenende seine erste Hauptversammlung mit einem kleinen, vom Chor umrahmten Gründungsfest. Ein Augenschein bei der Hauptprobe.

Während die Chorleiterinnen Anita Steiner-Thaler und Simone Joss-Bobst den Grossen Saal im Forum Geissberg für die Probe bereit machen, treffen langsam die Kinder und Jugendlichen der beiden Chorgruppen ein. Die einen werden von einem Elternteil begleitet, andere kommen selbständig. Ein kleines Mädchen hat sich schön gemacht. Es trägt einen Haarreif mit grosser Schleife, ein anderes hat dafür einen Glitzerpulli gewählt. Auch Tüllröckchen fehlen nicht. Das offizielle Chor-T-Shirt ist ebenfalls zu sehen. Bis alle eingetroffen sind, spielen die Jüngeren im Saal Fangen, laufen über Stühle und auf das Podium. Eine fröhliche Stimmung erfüllt den Raum.
Spielen, so erzählen die beiden Chorleiterinnen später, ist ein wichtiger Bestandteil jeder Probe. Das zeigt auch der offizielle Beginn. Ein Kreis wird zum Herzballon, der sich mit Einatmen füllt und mit Ausatmen leert, eine spielerische Atemübung. Später werden die Ballons singend weiter gereicht. Die Körperübungen sind Regentropfen, die auf Kopf und Schulter fallen. Und damit die Sonne wieder scheint, holt sie ein gestreckter Arm vom Himmel. Rhythmus- und Konzentrationsübungen folgen. Zuletzt werden die Vokale geformt, indem sich die Kinder und Jugendlichen eine Geschichte erzählen, in der keine Konsonanten vorkommen dürfen. Am Schluss des Aufwärmens erklingt das Lied «Shake Awake».

Zwei Chorleiterinnen
Der Chor entstand aus einer Initiative von Anita Steiner. Bekannt ist sie in Langenthal als Leiterin des Chors der reformierten Kirche und des Männerchors. Nach ihrer Erstausbildung zur Primarlehrkraft besuchte sie das Konservatorium Zürich, wo sie sich zur Chorleiterin ausbilden liess. Heute unterrichtet sie Schulmusik in Aar­wangen und Fachdidaktik Musik an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Sie betreut die älteren Chorteilnehmerinnen ab der 4. Klasse bis zum Alter von etwa 17. Simone Joss-Bobst betreut die Kinder bis zur 3. Klasse. Sie ist Kindergärtnerin, sang schon als Kind in einem Chor und genoss am damaligen Lehrerseminar Langenthal bei Peter Lappert die musikalische Ausbildung. Zudem nahm sie Gesangsunterricht bei Katharina Lappert, der früheren Dirigentin des Frauenchors Langenthal. Dazu spielt sie verschiedene Instrumente, auch das für Chorbegleitung wichtige Klavier.

Auftritte seit zwei Jahren als Projektchor
Shake Awake wurde vor zwei Jahren als Projektchor ausgeschrieben und fand bei den Kindern grossen Zuspruch. Viele, die bei den ersten Auftritten dabei waren, singen heute noch mit. Dies hängt damit zusammen, dass das Programm, das sie singen, vielfältig ausgerichtet ist und sich je nach Auftritt ändern kann. Einmal stehen Volkslieder im Vordergrund, dann wieder Pop oder Rock, zuweilen auch Klassisches und das beliebte Weihnachtsmusical. «Uns ist wichtig», so Anita Steiner, «dass die Bedürfnisse der Kinder wahrgenommen werden und dass sie gerade durch die Auftritte motiviert werden.» Die beiden Frauen haben noch viele Ideen für ihren Chor. So möchten sie vermehrt auch mit anderen Chören zusammen musizieren, einen Sing-Tag oder eine Sing-Woche durchführen. Wichtig ist den Chorleiterinnen das Miteinander, nicht nur im Musizieren, sondern auch im Umfeld des Chors. «Die Kinder und Jugendlichen sammeln wertvolle, auch generationenübergreifende Erfahrungen und eignen sich – gerade auch bei Soli mit Mikrofon – Auftrittskompetenz an», so Anita Steiner. Simone Joss-Bobst weist noch speziell darauf hin, dass die Jugendlichen die Jüngeren betreuen und somit lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Stimmen aus dem Chor
Vier Mädchen haben sich bereit erklärt, über ihre Chorerfahrungen zu erzählen. Alle sind schon länger dabei. Da ist Julia, 14 Jahre alt. Sie wohnt wie auch die nachfolgenden Mädchen im Langenthal. Sie ist seit Anfang dabei und singt gerne im Chor, aber auch als Solistin. Je nach Situation könne es sein, dass sie nervös sei vor einem Solo. Aber im Vordergrund stehe immer die Freude am Singen. Auch Lea, 11 Jahre alt, singt nicht nur im Shake Awake Chor mit, sondern auch im Schulchor Hard. Auf ihre Motivation befragt meint sie, sie liebe es zu musizieren und sie habe eine schöne Stimme. Hanna ist zehn und seit Sommer 2022 dabei. Sie singt nicht nur gerne, sondern spielt auch ein Instrument. Nach der Blockflöte hat sie die Posaune gewählt und nimmt Unterricht an der Musikschule Langenthal. Den Weg in den Chor fand sie über einen Flyer, der am Weihnachtsmusical auflag. Elin, 11 Jahre alt, kam auch über einen Flyer zum Chor. Es war ihre Mutter, die ihr den Flyer zeigte. Sofort sei sie begeistert gewesen. Auf die Frage, ob sie bei Soloauftritten auch nervös sei, meint sie, das hänge vom Lied ab und wie ihr der Einstieg gelinge. Die Probe geht zu Ende. Noch einmal werden die vier Stücke, die am Gründungsfest gesungen werden, geübt. Man spürt die grosse Vorfreude auf das bei der Hauptprobe noch bevorstehende Gründungsfest.

Chor ist Teil der reformierten Kirche
Den Chor Shake Awake auf eine Vereinsbasis zu stellen, hat verschiedene Vorteile. Eine Zusammenarbeit mit anderen Chören und Institutionen wird dadurch erleichtert. So ist Shake Awake neu Mitglied des Kantonalen und Oberaar-gaui-schen Chorverbands. Als Verein kann auch finanzielle Unterstützung von Bund und Kanton beantragt werden. Wichtig ist gemäss den Chorleiterinnen hingegen, dass der Chor weiterhin als Teil der reformierten Kirche Langenthal gesehen wird.

Von Prisca Rotzler Köhli