• Setzt sich für die neue Arbeitszone Oberhard/Wolfhusenfeld ein: Reto Müller. · Bild: H. Mathys

30.08.2019
Langenthal

Zwei Gemeinden wollen Wirtschaft fördern

Der Kanton Bern, die Stadt Langenthal und die Gemeinde Thunstetten haben zur Förderung der Wirtschaft im Raum Oberhard/Wolfhusenfeld ein Projekt im Köcher, das neue Arbeitszonen für Firmen schaffen soll. Regierungsrätin Evi Allemann stellte das Vorhaben an einem Infoanlass vor.

Thunstetten/Langenthal · Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern, die Region Oberaargau sowie die Gemeinden Thunstetten und Langenthal machen sich Gedanken zu einer künftigen Entwicklung des Gebiets Oberhard-Wolfhusenfeld vom Dreilindenkreisel bis zur Ortseinfahrt Bützberg. Die Berner Regierungsrätin Evi Allemann (SP), Beat Siegrist (Gemeindepräsident Thunstetten), Reto Müller (Stadtpräsident Langenthal), Charlotte Ruf (Präsidentin Region Oberaargau) und Arthur Stierli, Geschäftsführer Ecoptima AG, Bern, informierten die zu einem ersten Infoanlass geladene Grundeigentümerschaft über den Start des Prüfungsprojekts für einen möglichen Entwicklungsschwerpunkt (ESP) und eine Strategische Arbeitszone (SAZ) Oberhard-Wolfhusenfeld. Am Infoanlass in der Aula der Schulanlage Byfang in Bützberg gab es bei der Diskussionsrunde Verständnis fürs Vorhaben, jedoch Kritik wegen des verloren gehenden Kulturlandes.

Flächen ab 10 Hektaren gesucht
SP-Regierungsrätin Evi Allemann, Vorsteherin der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern, unterstrich gleich die wirtschaftliche Bedeutung der Strategischen Arbeitszonen (SAZ). Diese würden die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Kantons Bern stärken und optimale Voraussetzungen für die Ansiedlung wertschöpfungsstarker Betriebe schaffen. Evi Allemann erklärte, was unter SAZ zu verstehen ist: «Planerisch vorbereitete und rasch verfügbare Flächen, Flächen ab 10 Hektaren, unüberbaut an gut erschlossener Lage, reserviert für Grossprojekte.» Die Realisierung von SAZ werde je länger je schwieriger, weil verfügbare Parzellen über fünf Hektaren sehr rar seien. Im Kanton Bern seien es fünf solcher Zonen gewesen – jetzt nur noch vier (Ins, Biel, Interlaken, Ostermundigen). Bei der Suche nach anderen potenziellen Standorten im Sinne der Wirtschafts- und Standortförderung sei man auf die SAZ Oberhard als idealen Standort für die Ansiedlung von Businessparks mit hoher Wertschöpfung gestossen. Dieser sei im Regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept Oberaargau als Vorranggebiet Siedlungserweiterung Arbeiten festgelegt worden. Dieses Gebiet sei verkehrstechnisch gut erschlossen – und die Flächen seien rasch verfügbar, was im Standortwettbewerb ein Schlüsselfaktor sei. «Ich will euch für das Projekt begeistern und hoffe, dass Ihr die Chance nutzt», schloss die Regierungsrätin. «Langenthal ist ein regionales Zentrum von kantonaler Bedeutung, ein Wirtschaftsraum mit Potenzial. Im Gebiet Oberhard-Wolfhusenfeld sind bereits heute Industrie- und Gewerbebetriebe angesiedelt. Langenthal verfügt über keine grösseren Flächen mehr für die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe», hielt Arthur Stierli fest. Er ist Geschäftsführer der für das Projekt auf Gemeindegebiet von Thunstetten und Langenthal zuständigen Ecoptima AG, Bern. Diese ist spezialisiert für die Erarbeitung von innovativen und vernetzten Lösungen in den Bereichen Regional-, Stadtentwicklung, Ortsplanung und Arealentwicklung sowie Umwelt-und Verkehrsplanung.
Im Agglomerationsprogramm und im Siedlungsrichtplan der Stadt Langenthal ist vorgesehen, das Gebiet Oberhard künftig einer Arbeitszone zuzuführen. Die Schaffung eines kantonalen Entwicklungsschwerpunktes (ESP) für industrielle und gewerbliche Nutzungen auf Gebieten der Gemeinden Thunstetten und Langenthal steht im Vordergrund. Arthur Stierli zählte sechs Anforderungen für Entwicklungsschwerpunkte und Strategische Arbeitszonen auf. Dazu gehören primär die Lage in einem urbanen Kerngebiet einer Agglomeration, die Sicherstellung der Erschliessung für den motorisierten Individualverkehr und den öffentlichen Verkehr sowie die die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen wie Natur- und Landschaftsschutz sowie Lärmschutz.

Industrie lieber als Grossverteiler
Im Teil Oberhard (nördlich der Bern-Zürich-Strasse) könnten, so Arthur Stierli, Betriebe mit regionaler bis kantonaler Bedeutung angesiedelt werden, Grossprojekte für ein bis zwei Firmen. Der Teil Wolfhusenfeld (südlich der Bern-Zürich-Strasse) sei für mittelgrosse Projekte geeignet. Aus planerischer Sicht jedoch sei die Ansiedelung von Logistikern und Grossverteilern im ESP/SAZ-Perimeter nicht wünschenswert. Vielmehr würden Maschinenindustrie, MedTech, Design und Industriedesign, ICT sowie Dienstleistungen unterstützt. Als nächsten Schritt nannte Stierli das Einreichen des Aufnahmegesuchs beim Kanton Bern durch die Standortgemeinden bis Januar 2020. Ab Februar 2020 sei dann der Entscheid des Kantons zu erwarten.

Siegrist: «Ein wertvolles Projekt»
«Für uns ist das ein wertvolles Projekt», meldete sich Thunstettens Gemeindepräsident Beat Siegrist zu Wort und betonte, wie wichtig für seine Gemeinde Arbeitsplätze seien. Seit Jahren habe man deshalb mit Langenthal eine Einzonung beziehungsweise Erschliessung diskutiert. «Jetzt kommt die Chance», so Siegrist, der riet, diese zu packen. «Langenthal hat keine verfügbaren Flächen mehr. Deshalb ist das Projekt Oberhard in unserem strategischen Interesse», sagte Langen-thals Stadtpräsident Reto Müller. Er unterstrich, dass die vorhandenen zehn Hektaren für die Stadt die einzige Möglichkeit sei, sich weiter zu entwickeln: «Wir haben Anfragen en masse.» Einige Firmen in Langenthal hätten noch strategische Landreserven. Mit ihnen sei man in Kontakt und frage jeweils nach, ob sie dieses Land benötigen würden. «Es sind aber nie solch grosse Flächen», verglich Müller diese Areale mit der idealen Grösse von 10 Hektaren. Langenthals Stapi kam auch auf die angedachte neue Bushaltestelle im Oberhard zu sprechen, die dann vielleicht sogar im 15-Minuten-Takt bedient werde. Die Grundeigentümer müssten die für das Projekt benötigten Flächen keineswegs selbstlos zur Verfügung stellen, sagte Müller und nannte in diesem Zusammenhang die Wertabschöpfungs-Methode, wie sie Langenthal anwende.

Von Hans Mathys